Wenn Chilis für ein flammendes Inferno in der Mundhöhle sorgen

Wenn Chilis für ein flammendes Inferno in der Mundhöhle sorgen
Exotisches Essen hat so seine Tücken . Vor allem, wenn man dem großen Bruder vertraut.
Agnes Preusser

Agnes Preusser

Die lokale Bevölkerung am nicht-österreichischen Urlaubsort kann man leicht damit vergrämen, dass man Wiener Schnitzel bestellt. Ausflüge in die exotische Gastro-Welt sind aber leider nicht immer von Erfolg gekrönt. Für ein regelrechtes Trauma sorgte einst M., der als großer Bruder mein uneingeschränktes Vertrauen genoss. Ein fataler Fehler.

M. biss in der Türkei herzhaft in eine Cocktailtomate und reichte mir dann eine weitere zum Kosten. Die Cocktailtomate stellte sich als Chilischote heraus – und als sauscharf.

In meinem Mund breitete sich sofort ein flammendes Inferno aus. Der Schmerz griff auf Lippen, Speiseröhre und sogar auf die Finger über, die das Teufelszeug berührt hatten. Das Atmen wurde zu einem Röcheln, der vorwurfsvolle Blick gen M. wurde durch einen Schleier herunterrinnender Tränen verdeckt.

Wer nun meint, der Bruder hätte mir das unabsichtlich angetan, irrt. Er schrieb die Vorkommnisse sogar in Tagebuchform nieder und schenkte mir diese Schmähschrift Jahre später zum Geburtstag.

„Das Missempfinden in meiner Mundhöhle rast die Schmerzskala hinauf“, ist dort zu lesen. „Meine Plomben verwandeln sich in brodelndes Magma.“ Und weiter: „Ich hoffe, Agnes bemerkt die schwallartig aus meinen Poren spritzende Transpiration nicht, und zwinge mir ein gewinnendes Lächeln auf. Ich forme den glühenden Hochofen, der einmal mein Mund gewesen war, zu den Worten ‚Ur gut, kost mal‘, während ich ihr einladend eine der verbleibenden ‚Cocktailtomaten‘ reiche.“ Geschwisterliebe ist doch etwas Schönes.

Das Vertrauen in den Bruder hat zwar gelitten, exotische Küche ist trotzdem noch am Speiseplan. Die verachtenden Blicke der Kellner beim Schnitzelbestellen tun schließlich mehr weh, als es eine Chilischote je könnte.

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