Gedanken, die einem kommen, wenn man in Zeitlupe am Herzerlbaum vorbeirollt

Wie könnte ich persönlich von diesem Weihnachtsmarkt-Tourismus profitieren? Langos frittieren? Maroni braten? "Handgemachten“ Weihnachtsschmuck aus Asien verkaufen?
Marco Weise

Marco Weise

Der Advent ist da. Und mit ihm die Touristen, die sich – zäh wie Lava, unbeweglich wie ein Hydrant – über den Rathausplatz schieben, um dem Industriepunsch ganz nah zu sein. Kürzlich war ich diesem Touri-Auflauf näher, als mir lieb war: Ich rollte in einer naturgemäß überfüllten Straßenbahn mit Schrittgeschwindigkeit daran vorbei. Schneller kann dort derzeit keine Bim fahren, denn die Wahrscheinlichkeit, dass jemand – müde vom Punschtrinken – auf dem Ring zum Liegen kommt. ist groß. Und bevor jemand überrollt wird, geht es besser in Zeitlupe am Herzerlbaum vorbei. Dabei habe ich mich gefragt: Wie könnte ich persönlich von diesem Weihnachtsmarkt-Tourismus profitieren? Langos frittieren? Nein, zu fettig. Maroni braten? Zu geringe Gewinnspanne. „Handgemachten“ Weihnachtsschmuck aus Asien verkaufen? Schlecht für das Karma. Ein Hotel besitze ich nicht – auch keine Zweitwohnung, die ich auf Airbnb illegal vermieten könnte. Generell habe ich nichts, was Touristen haben wollen könnten.

Eine Haltestelle weiter frage ich mich: Was macht die Stadt eigentlich mit den Rekordeinnahmen (Ortstaxe, Steuern usw.). Okay, ein Großteil fließt zurück an Wien Tourismus, deren Chef, Norbert Kettner, sich über das „beste Jahr“ freuen darf. Generell gilt: Alle, die davon profitieren, freuen sich. Alle anderen müssen das einfach aushalten. Denn: Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns ... eh schon wissen. Aber wie wäre es mit einem Dankeschön – an alle Wienerinnen und Wiener, die im Dezember mit dieser Touristeninvasion konfrontiert werden. Die freundlich Wegschauen, wenn sich jemand vor einem erleichtert, oder besonnen auf die nächste U-Bahn warten, weil eine Reisegruppe den Eingang blockiert. Ein Danke an jene, die locker bleiben, wenn ihr Lieblingscafé von Fremden belagert wird und alles immer teurer wird (weil: „Der Tourist zahlt’s eh“). Ein wenig Anerkennung wäre nett – es muss ja kein Restaurantgutschein sein. Den könnte ich eh gerade nirgends einlösen. Ist ja alles voll. Mit Touristen.

Kommentare