Mehr Realismus in der Verkehrsdebatte!

Mehr Realismus in der Verkehrsdebatte!
Die Verkehrspolitik ist zu sehr von Idealismus geprägt. Die Abkehr von fossilem Sprit hin zu guten Alternativen benötigt Zeit.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

Die EU will den Verkauf neuer Autos mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 verbieten. Klingt nach einer langen Zeitspanne, ist es aber nicht. Für den Umbau auf alternative Antriebe muss die Industrie Milliarden stemmen. Weniger ein Problem für die Big Player der Branche, für kleinere Hersteller sehr wohl.

Ebenfalls gefordert sind Städte und Gemeinden, die die entsprechende Infrastruktur errichten müssen. Denn was nützen Hunderttausende Elektroautos ohne entsprechende Möglichkeiten zum schnellen und bequemen Aufladen? Und ohne ausreichende Stromressourcen? Die Energiewende wird nicht von heute auf morgen funktionieren, der Krieg in der Ukraine zeigt die Probleme dabei klar auf.

Zunehmend beschleicht einen das Gefühl, dass in Europa im Lichte der zunehmenden Klimakrise und stark steigender Energiepreise statt langfristigen, strategischen Denkens hektischer Aktionismus um sich greift. Da werden in Österreich und Deutschland billige Klimatickets mit Erfolg beworben, ohne dass zuvor genug Wagenmaterial zur Verfügung steht, von möglichst guten Verbindungen abseits der Hauptrouten ganz zu schweigen. Das verärgert bisherige und neue Bahnkunden.

Die Klimaschutzministerin wiederum verhindert juristisch höchst fragwürdig die Fertigstellung eines Autobahnrings um Wien mit der Behauptung, dass dieser nicht mehr zeitgemäß sei. Als ob so Transit- und regionaler Verkehr von selbst verschwinden; und die wenigen Kilometer auch nur irgendeinen positiven Effekt auf das Weltklima hätten. Ganz kecke Grüne wittern nun sogar die Chance, mit Verweis auf die hohen Spritkosten endlich niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzungen einführen zu können. Dabei ist im Gegensatz zur Ölkrise in den 70er-Jahren ausreichend Treibstoff auf dem Markt. Derzeit treiben die Sanktionen gegen Russland die Preise nach oben.

Summa summarum scheinen sich die Verantwortlichen auf ihrem hastigen Weg zur Klimaneutralität selbst zu überdribbeln. Anstatt ständig nach Einschränkungen und Verboten zu rufen, die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer gegeneinander aufzustacheln (Rad gegen Auto und umgekehrt) und die Wirtschaft zu behindern, wäre ein Wettbewerb der besten Ideen gefragt. Mit Innovationen und Investitionen etwa in Hochgeschwindigkeitsstrecken oder einer Technologieoffenheit (E-Fuels) könnte Europa seine wirtschaftliche Position in der Welt stärken.

Die aktuellen, ideologisch geprägten Debatten auf dem alten Kontinent kosten die USA oder China nur ein müdes Lächeln. Dort werden ohne jahrelange Verzögerungen infolge übertriebener Prüfungen wichtige Infrastrukturprojekte relativ schnell durchgezogen; und zugleich wird neuen Ideen ein breiter Raum gegeben.

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