Masse und Macht – wie sich alles ändert

Ist der Wandel eine Bedrohung oder eine Chance? Wir versuchen nachzumessen.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Wenn es in Wien jemanden wandelt, dann ist oha. Dann war vielleicht ein Heurigenbesuch im Spiel – und mit ziemlicher Sicherheit eine Überschreitung gewisser Promillegrenzen.

Der Wandel generell ist eine Bedrohung, wird zumindest als solche empfunden, vornehmlich in Österreich, wo wir Konstanten besonders schätzen. Wenn sich schon etwas wandeln muss, dann bitte maximal im Promillebereich.

Dabei ist der Wandel immer auch eine Chance und Veränderung die einzige Konstante im Universum – ein Zitat von Heraklit, das in den allgemeinen bildungsbürgerlichen Sprachschatz übergegangen ist. Leider wird es allzu oft verwendet, um Dinge schönzureden, geradezu klischeehaft.

Jedenfalls steht fest: Die Welt befindet sich in einer derart intensiven Wandlungsphase wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Sie dreht sich zwar genau so schnell wie eh und je, dennoch haben die meisten Menschen das Gefühl einer Temposteigerung, nicht nur auf der Westautobahn.

Alle Einheiten, an denen wir uns lange Zeit orientiert haben, brechen gerade weg oder drohen wegzubrechen. Nicht einmal das Pariser Urkilo, die Keimzelle unserer Messleidenschaft, ist mehr ein Kilogramm schwer, weshalb sich Wissenschaftler auf eine Neudefinition geeinigt haben.

Die Verwandlung

Aber nicht nur die Masse ändert sich, sondern auch die Macht. Deshalb haben wir uns entschieden, diesen Sonntag publizistisch dem Thema Veränderung zu widmen, in dieser Ausgabe und auf kurier.at. Was passiert gerade in der österreichischen Politik und was auf dem Arbeitsmarkt? Was geht zurzeit in Europa ab, und wie verschiebt sich das Zentrum der EU, wenn Großbritannien aus der Gemeinschaft ausscheidet? Was ist weltpolitisch im Gange, was wir vielleicht noch gar nicht fassen können? Ist sogar einer unserer Kernwerte, die Demokratie, in Gefahr?

Der Art Director des KURIER, Helge Schalk, hat mit seinem Team von Layout, Bildtechnik, Infografik und mit Fotograf Jeff Mangione diese Ausgabe speziell gestylt: Mit einem Maßband als Leitfaden, das alle zum Schwerpunkt gehörenden Geschichten kennzeichnet. Und unsere exzellenten Autorinnen und Autoren haben zum vielleicht wichtigsten Thema unserer Zeit Interviews geführt und analysieren selbst. Diskutieren Sie mit. Im Idealfall kommen auch Sie zum Schluss des 77-jährigen Andreas Khol, der die Veränderungen sehr positiv sieht. Wandel ist also keine Frage des Alters. Und nicht zwingend ein passiver Vorgang. Er kann auch aktiv gestaltet werden. Wandel ist das, was man daraus macht. Entscheidend ist immer die richtige Balance.gert.korentschnig

Gert Korentschnig über die Vermessung der Welt

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