Jeder kennt die Aufforderung vom Fliegen, den Sicherheitsgurt anzulegen: „Fasten seat belts“. Der Gleichklang mit dem deutschen Wort „fasten“ ist kein Zufall: Es bedeutet ursprünglich so viel wie „festmachen“, „befestigen“ u. ä. Als den Sinn der christlichen Fastenzeit, welche mit dem gestrigen Aschermittwoch begonnen hat und sich bis Ostern erstreckt, könnte man demnach auch ein (Wieder-)Gewinnen innerer Festigkeit bezeichnen: durch Reduktion (= Rückführung) auf das Wesentliche, Unterscheidung von Wichtigem und Unwichtigem, Notwendigem und Überflüssigem. Die zugrunde liegende Überzeugung lautet: Weniger kann mehr sein. So wie der Gurt keine Einschränkung der Freiheit bedeutet, sondern einen Zugewinn an Sicherheit.
„Bitte anschnallen!“ passt auch gut zur allgemeinen politischen Lage, national wie global. Man muss kein professioneller Politikbeobachter sein und kein geopolitischer Experte, um zu erahnen, dass uns eher karge Zeiten bevorstehen („karg“ hängt etymologisch übrigens mit „Kar-“ in Karfreitag etc. zusammen …). Keiner kann sagen, wie das Ringen um Macht und Einfluss zwischen den USA, China und Russland ausgehen wird – aber klar ist, dass, um hier einigermaßen bestehen zu können, ein Maß an politischer Führungsstärke und Entschlossenheit notwendig wäre, das kaum in einem europäischen Land und auch nicht auf EU-Ebene zu finden ist.
Hardliner oder Kompromissler?
In Deutschland – immerhin das wichtigste EU-Land – läuft der von vielen als liberalkonservativer Hoffnungsträger gehandelte Friedrich Merz Gefahr, entzaubert zu sein, noch bevor er überhaupt ins Berliner Kanzleramt eingezogen ist. Sein Mäandern zwischen Hardliner und Kompromissler – etwa zuletzt in der Frage von Schuldenbremse und „Sondervermögen“ – dürfte am Ende niemanden glücklich machen, am wenigsten freilich jene, die sich einen Politikwandel nach der Ampelregierung erhofft haben. Deren Enttäuschung ist bereits mit Händen zu greifen.
Ob die in Österreich seit Anfang dieser Woche amtierende Dreierkoalition zu einer an sich dringend notwendigen politischen „Fastenzeit“ im oben skizzierten Sinn imstande ist, bleibt abzuwarten. Man mag den jetzt zur Schau gestellten Pragmatismus, die Betonung der Bereitschaft zum Kompromiss als Beruhigung nach den innenpolitischen Turbulenzen seit der Wahl und generell als wohltuenden Kontrast zu einem dauererregten Umfeld empfinden. Aber angesichts der budgetären Lage, der Herausforderungen in puncto Wirtschaftsstandort und Wettbewerbsfähigkeit wird das nicht reichen. Wer aber fände den Mut zu einer solchen „Fastenpredigt“? Und wer, vor allem, wäre fähig und willens, daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen?
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