Was Europa im Machtkampf gegen die USA fehlt

Was Europa im Machtkampf gegen die USA fehlt
Wer nicht stark ist, muss vor Trump zu Kreuze kriechen. Was sich die Europäer von Amerikanern und Asiaten abschauen könnten.
Martina Salomon

Martina Salomon

China wird die Standards in der Internet-Wirtschaft setzen“, erklärte vor genau acht Jahren ein Universitätsprofessor an der Pekinger Renmin-Universität der Autorin dieser Zeilen. Er zeigte überhaupt kein Verständnis für die mangelnde Ambition Europas, sich von der US-Abhängigkeit zu befreien. Offenbar die richtige Strategie. Das kapitalistisch-kommunistische China hat in der Zwischenzeit für eigene Internet-Giganten gesorgt und macht den USA bei Künstlicher Intelligenz Konkurrenz. Es sicherte sich mit oft durchaus fragwürdigen Methoden Rohstoffe in der ganzen Welt und hat auch noch den Wettbewerbsvorteil staatlicher Stützung, etwa von E-Autos. Deswegen ist das „Reich der Mitte“ auch in der Lage, selbstbewusst gegen die Wildwest-Methoden Trumps aufzutreten, während europäische Staaten jämmerlich zu Kreuze kriechen und Zoll-Tauschhändel anbieten.

Dabei war die EU vor gar nicht so langer Zeit eine Wirtschaftsmacht auf Augenhöhe. Aber in vielen Ländern – speziell Deutschland und Österreich – hat man lieber „Moralapostel“ gespielt. Das ist eh recht redlich, aber während man hierzulande mit dem Lastenfahrrad die Welt retten will, setzt man in Asien auf Highspeedzüge und Green Tech.

Europa wird kaum mehr ernst genommen: ein Museum mit netter Kulinarik und schönen Künsten. Das Potenzial wäre aber noch da: Viele europäische Länder, auch Österreich, haben großartige Unternehmen mit noch immer gut ausgebildeten Mitarbeitern, auch wenn das Schulniveau gerade gefährlich erodiert. Die österreichische Lehrlingsausbildung ist ein Exportschlager, genauso wie unsere touristische Ausbildung: Es gibt kaum ein internationales Spitzenhotel ohne Österreicher. Das demokratische Fundament wird von populistischen Parteien unterspült, ist aber noch immer stark. Der Sozialstaat ist Spitze, aber wir können ihn uns nur noch durch massive neue Schulden leisten und benötigen Zuwanderung in den Arbeitsmarkt, statt ins Sozialwesen.

Viele europäische Länder (ja, besonders Österreich) bräuchten ein wenig vom Nationalstolz, von der Freiheitsliebe, vom Ehrgeiz der Amerikaner. Und etwas vom Aufstiegswillen und Fleiß der Asiaten. Die chinesische Ellbogengesellschaft und die amerikanische Selbstüberschätzung können uns allerdings gestohlen bleiben.

Die Europäische Union ist noch immer Sehnsuchtsort und manchmal Vorbild – sollte die jetzigen Verwerfungen aber als Weckruf betrachten. Trumps Unberechenbarkeit hat auch die USA in eine Krise gestürzt. Er hat es geschafft, das System des weltweiten Wirtschaftens und Handels und das Finanzsystem binnen weniger Wochen an den Abgrund zu führen. Hohn und Spott sind nicht angebracht. Auch ein taumelndes Amerika hat die Kraft, den Rest der Welt ins Chaos zu stürzen.

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