Waffenruhe in der Ukraine? Der Ball liegt jetzt bei Trump

Die Geheimdienstinformationen sollen wieder fließen, die (spärliche) Militärhilfe ebenso – und obendrein bieten Washington und Kiew Moskau eine dreißig Tage lange Waffenruhe an. Das Treffen in Dschidda war für die Ukraine insofern ein Erfolg. Nach den Szenen im Oval Office zwischen Wolodimir Selenskij, Donald Trump und J. D. Vance ist es tatsächlich eine kleine Sensation, dass sich die Ukraine weiterhin mit US-Aufklärungsdaten und US-Waffen verteidigen darf.
Die Waffenruhe klingt jedoch aus Sicht Kiews zu gut, um rasch wahr werden zu können. Denn liegt der Ball jetzt wirklich bei den Russen, wie US-Außenminister Marco Rubio sagt?
Wenige Stunden nach dem Treffen von Dschidda eroberten die russischen Streitkräfte die Stadt Sudscha im russischen Gebiet Kursk zurück und besiegelten damit de facto das Ende der ukrainischen Kursk-Offensive, die bis auf Zehntausende Tote und zahlreiche zerstörte westliche Panzer wenig gebracht hat. Weder wurde dadurch die Front im Donbass entlastet noch wurden die russischen Streitkräfte entscheidend geschwächt.
Die nach wie vor verlustreichen Angriffe der Russen – und in Kursk auch der Nordkoreaner – zeigen, wie wenig ein Menschenleben wert ist, soll ein Kriegsziel erreicht werden. Und Russland ist zwar noch weit entfernt davon, etwa den Oblast Donezk gänzlich einzunehmen, hat jedoch eine weitaus bessere Ausgangsposition, dieses Ziel zu erreichen als Kiew, die russischen Truppen aus der gesamten Ukraine zu vertreiben. Mit der Rückeroberung Kursks und dem massiven Druck auf Städte wie Pokrowsk, Kupjansk oder Tschassiw Jar hat der Kreml starke Trümpfe in der Hand.
Welche Druckmittel gibt es?
Aus militärischer Sicht dürfte Wladimir Putin keinen Grund sehen, jetzt einem Waffenstillstand zuzustimmen. So liegt der Ball bei Donald Trump. Nur er kann Putin so unter Druck setzen, dass dieser einer – aus seiner Sicht unvorteilhaften – Waffenruhe zustimmt.
Da gäbe es etwa den Kellog-Plan, wonach die Ukraine mit US-Waffen geflutet wird, oder aber massive wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland, die vor allem die Öl- und Gas-Exporte Moskaus betreffen. Putin wird stets so weit gehen, wie man ihn lässt – und derzeit lässt ihn Trump. Mag sein, dass die Welt sehr bald (oder gar schon vor Erscheinen dieses Artikels) ein paar markige Trump-Drohungen in Richtung Kreml liest. Doch von einem Einknicken ist Putin noch weit entfernt.
In Russland würde eine Waffenruhe als Zeichen der Schwäche gegenüber dem Westen verstanden. Putin wird eine lange Liste an Forderungen vorlegen. Und selbst wenn die Waffenruhe in Kraft träte, blieben viele Fragen offen. Wie etwa jene der Überwachung einer 1.200 Kilometer langen Linie zwischen zwei erbitterten Feinden, von denen einer viele Quadratkilometer mehr Gebiet beansprucht. Nichts leichter als ein paar „grüne Männlein“ in ukrainische Uniformen zu stecken und einen weiteren Kriegsgrund zu schaffen.
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