Rendi-Wagner zeigt: Es geht auch anders

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ-Chefin von 2028 bis 2023
Rendi-Wagner zeigt, wie man aus der Politik aussteigen, weiterhin Karriere machen und dabei die eigene Würde wahren kann.
Michael Hammerl

Michael Hammerl

In der Rolle der SPÖ-Parteichefin ist Pamela Rendi-Wagner nie angekommen. Für die Opposition zu zahm, bei TV-Auftritten zu hölzern, bei der Themensetzung zu inkohärent und unkreativ: Die Liste, warum die erste rote Parteichefin gescheitert ist, ließe sich abendfüllend prolongieren. Und als sie die Umfragen im Sommer 2022 trotz alledem souverän anführte, beendeten nicht zuletzt parteiinterne Widersacher ihren Lauf. Die politische Bühne hat Rendi-Wagner stilvoll und still verlassen. Sie sparte es sich sogar, gegen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil nachzutreten. Nur kein böses Blut mehr.

Und heute? Doskozil hat seine bundespolitischen Pläne angeblich beerdigt, äußert sich aber verdächtig oft zur Bundespolitik und zu Andreas Babler. Der unterbietet wiederum seine Vorgängerin in Umfragen. Unter Rendi-Wagner sei es auch nicht schlechter gewesen, hört man bereits aus roten Kreisen. Schon deshalb hätte Rendi-Wagner gut lachen. Tatsächlich haben derzeit sogar wenige in der Sozialdemokratie mehr Grund zur Freude.

Rendi-Wagner wird für die kommenden fünf Jahre Direktorin bei ECDC. Dabei handelt es sich nicht um das billige Plagiat einer berühmten australischen Rockband, sondern um die wichtigste EU-Gesundheitsbehörde, die zuvorderst für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten zuständig ist. Rendi-Wagner folgt der promovierten deutschen Medizinerin Andrea Ammon nach. 

Wer jetzt – wie die FPÖ – von einem Versorgungsposten spricht, hat beim Faktencheck versagt. Genau darum handelt es sich nicht. Mitglieder der EU-Staaten, EU-Kommission und des EU-Parlaments stimmten über die Bewerber ab. Rendi-Wagner benötigte 22 von 32 Stimmen. Auch einer Anhörung des EU-Parlaments muss sie sich noch stellen – unabhängiger geht es kaum.

Dass Rendi-Wagner als Tropenmedizinerin und ehemalige Gesundheitsministerin die nötigen Qualifikationen mitbringt, steht ohnehin außer Frage. Auch deshalb erfuhr sie bei ihrer Bewerbung parteiübergreifende Unterstützung von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne). Nicht, weil angeblich im Hintergrund bereits eine schwarz-rot-grüne Koalition geschmiedet wird. Die bleibt unrealistisch.

Dass sich gewisse Männerkohorten selbst jetzt noch an Rendi-Wagner abarbeiten, dürfte geschlechterspezifische Ursachen haben oder einer gewissen Manie geschuldet sein. In Wahrheit ist die Medizinerin ein Vorzeigebeispiel, wie man aus der Politik aussteigen, weiterhin Karriere machen und gleichzeitig die eigene Würde wahren kann. Künftigen Ex-Parteichefs und -Kanzlern sei nahegelegt, sich daran eventuell ein Vorbild zu nehmen.

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