Rache ist süß, aber falsch

Rache ist süß, aber falsch
Bei den aktuellen Konflikten zwischen Blau und Türkis scheint es mehr um die Revanche für die Vergangenheit als um die Zukunft zu gehen
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Als Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Auftrag zur Bildung einer Regierung FPÖ-Chef Herbert Kickl erteilte, musste allen klar sein: Eine blau-türkise Koalition wird nicht an Themen wie Budgetsanierung, Bankenabgabe oder ORF scheitern. Die Knackpunkte werden die Aufteilung der Ministerien und die jeweiligen Zuständigkeiten sein.

In der vergangenen Woche wurde das der Öffentlichkeit drastisch vor Augen geführt. Am Dienstag waren einige Beobachter für kurze Zeit der Meinung, die Koalitionsgespräche wären bereits abgebrochen worden. Dem ist nicht so, ab Montag wird weiter verhandelt. Aber die Art und Weise, wie über die Ressortverteilung zwischen FPÖ und ÖVP diskutiert wird, lässt die Nadel eher in Richtung Scheitern ausschlagen.

Revanche für die vergangenen Jahre?

Herbert Kickl untermauerte sogar mit einem Facebook-Posting, dass die FPÖ auf das Finanz- und das Innenministerium besteht. Ein – höflich formuliert – ungewöhnlicher Schritt, wenn man sich noch in aufrechten Verhandlungen befindet.

Wer die Entwicklungen der Vorwoche genau verfolgt hat, wird den Eindruck nicht los, dass es da mehr um eine Revanche für die vergangenen Jahre als um eine in die Zukunft gerichtete Regierung geht. Das beste Beispiel dafür ist das Innenministerium. Dass Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz mithilfe vom Bundespräsidenten im Zuge der Ibiza-Affäre auch gleich Herbert Kickl als Innenminister abberufen hat lassen, scheint noch immer eine offene Wunde zu sein. 

Genauso der Konflikt mit dem Nachrichtendienst, damals noch als BVT bekannt, mittlerweile mit dem Namen DSN neu aufgestellt. Da ist es Fakt, dass die ausländischen Geheimdienste wegen der BVT-Affäre unter Kickl die Beziehungen zu Österreich für einige Zeit auf Eis gelegt hatten. Und dass das erneut passieren kann, wenn die FPÖ künftig das Ministerium führt.

Ein weiteres Indiz für diese Revanchegelüste bzw. Rache ist der Wunsch der FPÖ, die Kulturagenden direkt bei einem künftigen Kanzler Kickl anzusiedeln. Das erstaunt, weil der FPÖ-Chef bisher für dieses Parkett kaum Interesse gezeigt hat. Wer sich aber seine Neujahrsansprachen vergegenwärtigt, dem erscheint das schon plausibler. Da war immer wieder die Rede vom Kampf gegen die Eliten. 

Dazu werden auch die Kunst- und Kulturkreise gezählt, die sich meist gegen die FPÖ gestellt haben und stellen. Und denen die Blauen dann zeigen könnten, wer den Geldhahn aufdreht und für wen.

Gelingen kann Blau-Türkis nur, wenn bei der Ressortverteilung die Vergangenheit ausgeblendet und rational durchdekliniert wird, mit welcher Aufstellung gegenüber der Bevölkerung und dem Ausland, vor allem der EU, die beste Performance abgeliefert werden kann. Das sollte Herbert Kickl mehr im Auge haben als einen Revanchismus im Stil von US-Präsident Donald Trump.

Rache ist süß, aber falsch

Kommentare