Für den Fall, dass bei der Abstimmung der Neos über eine Regierungsbeteiligung nicht die notwendige Mehrheit zustande gekommen wäre, hätte es einen Plan B gegeben: eine Zweierkoalition von Türkis und Rot.
Mit dem Risiko, im Nationalrat auf eine Mehrheit angewiesen zu sein, die nur ein Mandat Überhang hat.
Neos stimmten für Regierungsbeteiligung
Dieser Plan kann jetzt in der Schublade verschwinden, weil die pinken Parteimitglieder mit einer Deutlichkeit Ja gesagt haben, die so nicht erwartet worden war. 94,1 Prozent sind ein Votum für Parteichefin Beate Meinl-Reisinger, die sich zuletzt für die Dreierkoalition in die Schlacht geworfen hat. Auch wenn sie nicht von allem überzeugt ist, das im Regierungsprogramm seinen Niederschlag gefunden hat.
Aber sie war diesmal wohl kompromissfähiger als in der ersten türkis-rot-pinken Verhandlungsrunde nach der Nationalratswahl. Die 94,1 Prozent sind aber auch ein Zeichen, dass die Neos-Mitglieder dem Pakt mit einer Portion Zuversicht begegnen – trotz des holprigen Zustandekommens.
Für die neue Regierung ist es wichtig, dass die Neos mit an Bord sind. Sie sind zwar die kleinste Fraktion, dennoch wird von ihnen viel erwartet. Wenn sie ihre Sache gut machen, können sie der Stachel, aber auch der Kitt für ÖVP und SPÖ sein. Gemessen werden sie am Ende vor allem daran, ob sie beim Thema Bildung etwas weiterbringen. Da müssen sie jetzt mit Minister Christoph Wiederkehr beweisen, ob sie ihre vielen Reformvorschläge, die sie die vergangenen Jahre hindurch gebetsmühlenartig ausgebreitet haben, auch umsetzen können. Ein äußerst schwieriges, aber für die Zukunft von Österreich ungemein wichtiges Unterfangen.
Türkis-rot-pinke Regierung: Mehr als ein Abenteuer?
Die türkis-rot-pinke Regierung wird ein Abenteuer. Da versammelt sich ein ideologisches Spektrum am Ministertisch, von dem man sich nur sehr schwer vorstellen kann, dass es eine gemeinsame Linie findet. Das muss unter der Regie von ÖVP-Kanzler Christian Stocker aber gelingen, will man mehr als eine bloß kurze Übergangsregierung sein. Es geht diesmal in Anlehnung an das Motto der abgetretenen türkis-grünen Koalition nicht um das Beste aus drei Welten, sondern um pragmatische Lösungen für die aktuellen Probleme. Und die sind groß genug, auf allen Ebenen. Das Schlüsselwort muss der Kompromiss sein. Nicht der faule, sondern der zielführende.
Für das Gelingen wird entscheidend sein, wie man die Kommunikation nach außen gestaltet. Ob es eine gemeinsame Erzählung, eine gemeinsame Sprache gibt, die stärker ist als jene der – auch parteiinternen – Gegner. Das ist keine einfache Übung, weil da oft auch Parteiinteressen hintangestellt werden müssen. Als Negativbeispiel könnte man sich die gescheiterte Dreierkoalition in Deutschland ins Stammbuch schreiben.
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