Das Platzen von Blau-Türkis als Chance auf eine andere Politik

Das Platzen von Blau-Türkis als Chance auf eine andere Politik
Eine blau-türkise Koalition ist nicht möglich. Abgehakt. Jetzt gilt es, mit Zuversicht nach vorne zu schauen. Und das rasch.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Noch weiß man nicht, welche Option Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach dem Scheitern einer blau-türkisen Zusammenarbeit wählen wird. Entscheidend ist, dass die Öffentlichkeit rasch erfährt, wie es weitergehen soll.

Die vielen Wochen der Koalitionsgespräche waren zermürbend, nicht nur für die Verhandler. Das hat auch auf die Stimmung in der Bevölkerung gedrückt, die fast täglich damit konfrontiert worden ist, was nicht geht. Ohne wirkliche Perspektiven, was in Zukunft gehen soll.

Es ist jetzt aber nicht die Zeit, um nach dem Scheitern am Mittwoch Trübsal zu blasen und im Sumpf der gegenseitigen Schuldzuweisungen zu versinken. Auch wenn es zum politischen Geschäft zählt, dem Gegenüber die Verantwortung dafür umzuhängen. Die kommende Parlamentssitzung wird der Beweis dafür sein, wie verinnerlicht diese Vorgangsweise ist. Letztlich kann aber keine Partei von sich behaupten, nach der Nationalratswahl am 29. September alles richtig gemacht zu haben. Sonst wären wir nicht in dieser Situation.

Jetzt gilt es nach vorne zu schauen und zu beweisen, dass der Politik die Konstruktivität in den vergangenen Wochen nicht abhandengekommen ist. Das ist schwer genug, weil sich in der Öffentlichkeit das Bild verfestigt hat, dass Parteien fast ausschließlich nur gegeneinander arbeiten. Auf den eigenen Vorteil bedacht und ohne den Wunsch, miteinander für den Staat zu arbeiten.

Ob da die jüngsten Ereignisse für ein Umdenken gesorgt haben, muss zwar bezweifelt werden, hoffen darf man aber dennoch. Muss man auch. Speziell wenn Alexander Van der Bellen erneut den Anstoß gibt, eine türkis-rot-pinke Koalition auf den Weg zu bringen. Immerhin sitzen einander mit Christian Stocker, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger jene Personen gegenüber, die bereits beim Scheitern Anfang Jänner dabei waren. Und die einander erneut in die Augen sehen müssen.

Gleichgültig, welchen Weg der Bundespräsident einschlägt, er muss auf jeden Fall auf das Tempo schauen. Noch einmal wochenlange Gespräche mitverfolgen zu müssen, ist kaum noch zumutbar. Eine mögliche – und auch notwendige – Deadline wäre der 26. Februar. Da ist die kommende Nationalratssitzung angesetzt. An diesem Tag könnte man sofort Neuwahlen beschließen, falls es bis dahin noch keine Chance auf eine Regierungskoalition gibt. Das ist demokratiepolitisch kein Beinbruch, auch wenn es viele Parteistrategen gibt, die davor warnen. Natürlich sind Neuwahlen auch ein Ausdruck des Scheiterns. Aber uns wurde in den vergangenen Wochen dramatisch vor Augen geführt, wie Politik nicht geht. Neuwahlen wären die Chance für einen Neustart mit Politikern, die uns das Gegenteil beweisen. Die Sehnsucht nach so einer Umkehr ist jedenfalls groß.

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