Österreichs Nahost-Politik: Der Streitfall Israel

FILE PHOTO: Israel's Prime Minister Netanyahu visits Washington D.C.
Die Unterschrift der Außenministerin unter eine gemeinsame Erklärung zu Gaza bedeutet einen Paradigmenwechsel in Österreichs Nahost-Politik.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Das Verhältnis Österreichs zum Staat Israel war immer ein besonderes. Vor allem nach der Rede des ehemaligen SPÖ-Bundeskanzlers Franz Vranitzky in den 1990er-Jahren, bei der er die Verantwortung von Österreichern für die Verbrechen der Nazizeit einbekannte. Und damit nach den zwischenstaatlichen Verwerfungen unter seinem Vorgänger Bruno Kreisky die Beziehungen schlagartig verbesserte. Seither standen die österreichischen Regierungen immer an der Seite Israels, wenn es um Konflikte im Nahen Osten ging.

Besonders ausgeprägt war das unter ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg. Da wurde sogar die israelische Fahne auf dem Kanzleramt gehisst, um Solidarität zu demonstrieren. Nachfolger Karl Nehammer blieb auf der Linie und wurde dafür mit dem "Israel Friendship Award" ausgezeichnet. Hervorgehoben werden muss aus dieser Zeit eine Resolution, die 2024 in der UNO gegen den Einsatz der Israelis im Gazastreifen verabschiedet worden war. Österreich zählte zu den wenigen Staaten, die dieser nicht zustimmten. Bei der Preisverleihung an Nehammer war auch ÖVP-Kanzler Christian Stocker anwesend. Er betonte dort erneut die besondere Freundschaft zwischen Israel und Österreich.

Und nun die Unterschrift von Neos-Außenministerin Beate Meinl-Reisinger unter eine Erklärung von über 25 Staaten, die ein sofortiges Ende der Kämpfe im Gazastreifen fordern. Die Erklärung ist gezielt gegen Israel gerichtet, auch wenn darin die Freilassung der noch immer von der Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln mitgefordert wird.

Das ist ein Paradigmenwechsel in der österreichischen Israel-Politik, dem noch einige Debatten nachfolgen müssen und werden. Auch wenn es im Ministerbüro nicht so gesehen wird. Es geht nicht darum, ob man die humanitären Zustände im Gazastreifen anprangert oder nicht. Das muss passieren, wenn man tagtäglich mit den Bildern der menschlichen Tragödien aus diesem kleinen Stück Land im Nahen Osten konfrontiert wird. Das hätte Beate Meinl-Reisinger in der Vorwoche aber auch dem israelischen Außenminister in Wien deutlich machen können, dazu muss nicht eine Erklärung unterschrieben werden, unter der sich auch Unterschriften von Staaten befinden, die schon immer Israel eher feindlich begegnet sind. Deutschland hat nicht unterschrieben, obwohl Kanzler Friedrich Merz den militärischen Gaza-Einsatz der Israelis scharf kritisiert hat.

Die Spitzen der Regierungsparteien ÖVP und SPÖ werden nicht darum herumkommen, offiziell zu erklären, ob und wie sie zu dieser Aktion ihrer Außenministerin stehen. Intern muss geklärt werden, warum so eine heikle Aktion in einem Alleingang gesetzt worden ist.

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