Mieten und Lebensmittel: Kein Grund für Drama
Die SPÖ wird nicht müde zu trommeln, dass Wohnen und Lebensmittel leistbar sein müssen. Damit schärfen die Sozialdemokraten ihr ideologisches Profil. Aber gibt es wirklich Grund für Drama? Eigentlich nicht.
Die durchschnittliche Mietkostenbelastung pro Haushalt hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert und liegt bei international moderaten 23 Prozent am verfügbaren Einkommen. Wien ist im Vergleich zu anderen Großstädten sogar besonders günstig. Zwei von drei Wienern leben in sozial geförderten Wohnungen (was der Vermögensbildung durch Immobilien allerdings abträglich war). Es sind auch nicht die Mieten, die „explodieren“, sondern die Betriebskosten. Abgesehen davon treibt ein verkrustetes Mietrecht die Kosten: Es schützt privilegierte Altmieter, während Jungfamilien viel tiefer in die Tasche greifen müssen. Das Recht setzt außerdem willkürlich niedrigere Mieten in Altbauten fest, während Neubauten freien Mietzins haben. Deswegen wurden viele Gründerzeithäuser weggerissen und durch gesichtsloses Neues ersetzt. Gestiegene Baukosten und mannigfaltige Auflagen machen mittlerweile aber auch den Neubau unattraktiv. Als Investorenmodell bleibt, Häuser zu erwerben, um danach die Wohnungen einzeln zu verkaufen. Das wird künftige Entscheidungen zur (thermischen!) Sanierung eines Hauses fast unmöglich machen. Überregulierung killt den Mietmarkt, schlag nach bei Berlin.
Auch bei der Teuerung im Supermarkt kann man getrost die Kirche im Dorf lassen: Der Anteil der Lebensmittelkosten am Haushaltseinkommen beträgt rund zehn Prozent. Historisch gesehen war Ernährung noch nie so billig, so gut und so sicher. Der „Österreich-Aufschlag“ besteht auch darin, dass wir vieles in Bio-Qualität mit höheren Tierschutzauflagen, weniger Antibiotika, weniger Dünger, weniger Pestiziden produzieren. Die Österreicher schätzen regionale Produkte und haben überall einen Supermarkt vor der Nase. Günstigere Lebensmittel bedeuten logischerweise weniger Filialdichte, Butter aus Deutschland, Getreide aus der Ukraine, Zucker aus Brasilien. Man kann nicht alles haben: Bequemlichkeit, Qualität, Regionalität und Billig-Preise. Ein 250-Gramm-Packerl Butter kostet derzeit mit 1,29 Euro übrigens circa so viel wie eine halbe Stunde parken unter freiem Himmel in Wien, wie die Landwirtschaftskammer vorrechnet.
Es wäre an der Zeit, nicht nur schwarzzumalen: Wer ständig auf „die“ Konzerne, „die“ Unternehmer eindrischt, wird Abwanderung und Arbeitslosigkeit ernten. Für den nötigen Aufschwung braucht Österreich Investitionen und Vertrauen in die Rechtssicherheit. Ständige Eingriffe des Staates schaden hingegen mehr, als sie bringen. Sie bringen ja nicht einmal Wählerzustimmung.
KURIER-Herausgeberin Martina Salomon
Kommentare