Österreich ist weltpolitisch leider abgemeldet

NATIONALER SICHERHEITSRAT: MEINL-REISINGER
Unsere Rolle als Vermittler ist schon lange verloren gegangen. Stattdessen gibt es Hyperaktivität der Außenministerin in der Ukraine.
Martina Salomon

Martina Salomon

Die Außenministerin bei Selenskij, die Außenministerin in ukrainischer Tracht: Österreich stellt sich auf die Seite der angegriffenen Ukraine, und das ist auch richtig so. Fraglich ist allerdings, ob wir uns mit dieser Symbolpolitik nicht allzu wichtig machen, ohne Besonderes bieten zu können. Ja, Österreich unterstützt das Land mit humanitärer Hilfe. Waffen können wir als neutrales Land natürlich nicht liefern.

Apropos neutral: Das sind wir auf dem Papier noch immer, theoretisch wäre Österreich daher ein geeigneter Ort für friedensstiftende Diplomatie. Man unterschätze dabei auch die Wirkung der prächtigen historischen Kulisse nicht, die Wien anzubieten hat: Wir haben zwar keinen König mehr (wie die Engländer), aber immerhin die Hofburg. Leider blickt die Welt aber schon länger nicht mehr auf Österreich. Unsere (ohnehin oft nur eingebildete) Rolle als Vermittler zwischen Ost und West ist verloren gegangen. Und mit der ukrainischen Hyperaktivität Meinl-Reisingers wird jede noch so kleine Chance darauf endgültig verspielt, auch wenn noch immer ein paar internationale Organisationen ihren Sitz in Wien haben.

Dabei hat Österreich ab den 1970er-Jahren immer wieder international von sich reden gemacht – wenn auch nicht immer in neutraler Rolle: Bruno Kreisky war propalästinensisch und versuchte, den damaligen PLO-Chef Arafat salonfähig zu machen. Franz Vranitzky überzeugte die SPÖ vom EU-Beitritt und brach mit dem Tabu der reinen Opferrolle Österreichs im Dritten Reich. Wolfgang Schüssel setzte diese Linie mit Restitution und klar proeuropäischer Haltung fort, auch wenn er wegen Schwarz-Blau gegen absurde EU-Sanktionen kämpfen musste. Alfred Gusenbauer versuchte (erfolglos) ein österreichischer Tony Blair zu sein, der mit der Sozialdemokratie einen „dritten Weg“ gehen wollte, und war international gut vernetzt. Sebastian Kurz profilierte sich als „Young European Leader“, der die Merkel’sche Migrationspolitik (zu Recht) kritisch sah und wie kein anderer österreichischer Kanzler zuvor auf der Seite Israels stand.

Und jetzt? Immerhin sind Kanzler und Außenministerin weiterhin klar proisraelisch, was Österreich gut ansteht. Ein Ende des Krieges um Gaza ist nicht absehbar, eine „Zwei Staaten“-Lösung mit der Terrororganisation Hamas undenkbar. Am Freitag war der chinesische Außenminister zum Kurzbesuch in Wien, und ein Digital-Gipfel fand mit europäischen Ministern statt. Immerhin. Aber eine weltpolitische Rolle kann Österreich nicht mehr spielen. In der Außenpolitik sollte man sich daher aufs Mögliche konzentrieren: unsere Interessen in Brüssel (und anderswo) professionell vertreten und als redlicher Vermittler zur Verfügung stehen, wenn uns jemand fragen sollte.

Martina Salomon

KURIER-Herausgeberin Martina Salomon

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