Lohn-Debatte: Abschlussstärke wird zur Abschlussschwäche

ÖGB macht mit "Hand in Hand gegen die Teuerung" am 20.9. am Heldenplatz  auf Inflation aufmerksam, die KV-Verhandlungen starten am 25.9.
Lohnabschlüsse fielen in jüngster Zeit zu hoch aus. Das bereitet vor allem der Industrie Probleme. Nulllohnrunden sind aber keine Lösung.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

Die heimische Industrie steht in einigen Segmenten mit dem Rücken zur Wand. Auftragsrückgänge, viele unnötige bürokratische Auflagen, eine zu starke Abhängigkeit von Deutschland (und deren Autoherstellern) und zu hohe Kosten – vor allem was Energie, aber auch Personal betrifft. 

Letzteres hatte auch mit dem lange Zeit grassierenden Fachkräftemangel zu tun (der sich nun in der Krise ein wenig abgeschwächt hat), aber auch mit den hohen Lohnsteigerungen infolge der stark gestiegenen Inflation der vergangenen Jahre. Österreich war bei den Preisanhebungen im europäischen Spitzenfeld, und auch heute noch liegen die Werte klar über dem Durchschnitt der Eurozone.

Die Konsequenz: Österreich verliert laufend an Wettbewerbsfähigkeit, weil die Waren schlicht und einfach zu teuer werden. Da helfen irgendwann auch die beste Qualität, die größte Sympathie und langjährige Partnerschaften nichts mehr. Alle Unternehmen haben den Gewinn im Auge und schauen sich früher oder später nach günstigeren Lieferanten um.

Verständlich, dass manche Industriekapitäne um die Existenz ihrer Unternehmen bangen. Einige tun sich leichter, indem sie bereits mehrere Standorte auf der Welt betreiben und höhere Kosten im Inland so leichter ausgleichen beziehungsweise die Produktion (zulasten der österreichischen Wertschöpfung) verlagern können. Andere wiederum scheinen die Nerven wegzuschmeißen und fordern angesichts der Umstände, wie gestern berichtet, eine Nulllohnrunde für ihre Mitarbeiter.

In der Tat galoppieren die Lohnkosten, die in der Industrie zwischen 10 und 30 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, davon. Die Zuwächse in den vergangenen drei Jahren waren mit bis zu 30 Prozent teils zu hoch. Und es gibt keinen Anspruch darauf, dass die Abschlüsse jährlich real die volle Inflationsrate ausgleichen oder sogar darüber liegen. 

Nicht nötig etwa war das relativ hohe Ergebnis der alten Bundesregierung mit den Beamten. Zur Erinnerung: Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker hatte angesichts der Budgetlage eine Nulllohnrunde empfohlen. Auch bei Pensionen und der Bahn wäre etwas Zurückhaltung künftig wünschenswert. Dennoch wären Nulllohnrunden bei aller Nachvollziehbarkeit für den Ernst der Lage überzogen.

Gefragt wäre mehr Kreativität. Bei den Metallern etwa, wo die Abschlüsse ebenfalls hoch ausfielen, können in wirtschaftlich schwierigen Lagen die Erhöhungen auf betrieblicher Ebene nach Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern ausgesetzt oder in bezahlte Freizeit umgewandelt werden. Planungssicherheit bringen auch Abschlüsse für 24 statt 12 Monate. Und nicht zuletzt liegt es an der Regierung, durch eine Verringerung der Lohnnebenkosten sowie Hilfen für energieintensive Branchen die Unternehmen zu entlasten.

Kommentare