Trump ist nicht allmächtig

US-Präsident Donald Trump ist stolz auf seine Haare
Kanadas Wähler haben Trump die Stirn geboten. Das zeigt: Der globale Richtungskampf ist noch lange nicht entschieden.
Evelyn Peternel

Evelyn Peternel

100 Tage – das galt einmal als frühester Zeitpunkt für eine erste politische Bilanz. Donald Trump hat auch diese Konvention mit Wucht beerdigt, wie vieles andere. 

In seinen ersten 100 Tagen hat er mehr Weltordnung zerlegt, als andere in mehreren Legislaturperioden aufzubauen vermochten. Er hat einen Börsencrash ausgelöst, den Welthandel abgewürgt und nebenbei Amerikas Freundschaft mit Europa aufgekündigt. Unliebsame Richter ließ er drangsalieren, unbequeme Beamte entfernen, hunderte Migranten in Ketten legen.

Seit Trump zum zweiten Mal ins Oval Office eingezogen ist, sah die ganze Welt mit offenem Mund zu, wie er Gewissheiten der letzten Jahrzehnte klein hackte. Plötzlich schien: Der Kulturkampf, den rechts und links seit Langem führen, ist entschieden, und zwar in absurder Ausprägung und atemberaubendem Tempo. 

Das Silicon Valley, einst Paradebeispiel liberaler Selbstvermarktung, hat sich demonstrativ von Frauenquoten und Diversity-Programmen verabschiedet. Die Demokraten wirken fassungslos und gelähmt, während ihre Überzeugungen Stück für Stück demontiert werden. Und in Europa ist es fast schon normal, dass Trumps Getreue als Wahlhelfer für Rechtsextreme agieren.

Ellbogen raus!

Nur Kanada spielt da nicht mit. Trumps Versuche, das Land „zum geschätzten 51. Bundesstaat machen“, liefen nicht nur ins Leere, sie befeuerten eine Gegenbewegung: „Elbows up“, Ellbogen raus, rief man im ganzen Land, in Anlehnung an den Nationalsport Eishockey. Der Schlachtruf gegen Trump entflammte ein neues kanadisches Nationalbewusstsein – und katapultierte den Liberalen Mark Carney, der die darniederliegende Partei bei 18 Prozent von Justin Trudeau übernommen hatte, sogar in Richtung absoluter Mehrheit. Sein Opponent Pierre Poilievre hingegen hatte den Mini-Trump gegeben – und war kolossal gescheitert.

Der globale Richtungskampf ist also längst nicht entschieden. Auch wenn Trump über seinen Sohn Donald Jr. bei der Rumänien-Wahl vor Ort mitmischt, am Balkan Staaten von der EU abbringen und Grönland immer noch irgendwie vereinnahmen will: Kanada hat bewiesen, dass Trumps Weltumbau-Versuche auch zum Bumerang werden können.

Selbst in den USA bekommen er und sein „First Buddy“ Elon Musk das zuletzt immer öfter zu spüren. Gerichte kassieren regelmäßig seine illegalen Anweisungen – doch das geht im Dauerrauschen seiner Wortgewitter meist unter.

Auch wenn er uns das tagtäglich einzureden versucht: Donald Trump ist nicht allmächtig. Der Rest der Welt hat noch immer mehr Gewicht – und gelegentlich auch den längeren Atem.

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