Koalitionskrise? Es knirscht im Regierungsgebälk

Meinl Reisinger, Stocker und Babler haben vereinbart, wer wen vorschlagen darf. Bestellt wird dann von Bundespräsident Van der Bellen.
Mag sein, dass es an den Sommerferien liegt. Mag sein, dass die stagnierenden Umfragewerte für die drei Koalitionsparteien auf das Gemüt drücken. Mag sein, dass so manche Ministerin, so mancher Minister den Kollegen am Regierungstisch mediale Erfolge neidisch sind. Es knirscht derzeit im Regierungsgebälk.
Von der Geschlossenheit, mit der vor dem Sommer so manche Unstimmigkeit – etwa der von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger unterschriebene Brief gegen die Kriegspolitik der Israelis in Gaza – elegant weggedrückt werden konnte, ist derzeit wenig zu spüren.
Aktuell zeigt sich das an der Debatte über staatliche Eingriffe bei den Lebensmittelpreisen, die SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer vor wenigen Wochen ausgelöst hat. Zuerst versuchte der Regierungspartner ÖVP, das Thema ein wenig herunterzuspielen, weil diesbezüglich ohnehin keine Entscheidung anstünde, dann folgte die klare Gegenposition des Wirtschaftsbundes. Und jetzt muss sich ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer verteidigen, weil er zwar mit einem Brief an die EU-Kommission gegen jene territorialen Lieferbeschränkungen – bekannt unter dem Begriff "Österreich-Aufschlag" – kämpft, die bestimmte Güter bei uns teuer machen als im benachbarten Deutschland, aber Beamte aus seinem Ministerium auf EU-Ebene dieser Linie nicht wirklich gefolgt sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie exponiert sich Vertreter von SPÖ und Neos der Kritik an Hattmannsdorfer angeschlossen haben. Allen voran Gewerkschafter, die den aufstrebenden ÖVP-Minister ohnehin wegen seiner Kritik an der Teilzeitarbeit im Visier haben. Da geht eine türkis-rote Kluft auf, die nur schwer zu überwinden sein wird.
Ein weiterer Streitpunkt, mit dem Wolfgang Hattmannsdorfer – und damit die Regierung – noch mehr zu kämpfen hat, ist das geplante Elektrizitätswirtschaftsgesetz, kurz ElWG. Seit sich die Kunde breitgemacht hat, dass Häuslbauer, die auf ihrem Dach mit einer Photovoltaik-Anlage Sonnenstrom produzieren, in Zukunft Gebühren zahlen müssen, wenn sie in das Stromnetz einspeisen, gärt es an der Basis. Selbst wenn es meist nicht um sehr viel Geld geht: Die Vorstellung, für die Energiewende investiert zu haben und künftig deshalb zur Kasse gebeten zu werden, sorgt für massiven Ärger. Der ist mittlerweile so groß, dass der ÖVP-Wirtschaftsminister von seinen türkisen Landeshauptleuten aus Niederösterreich, Oberösterreich und Vorarlberg Gegenwind zu spüren bekommt. Das hat es seit der Angelobung der Dreier-Regierung bisher noch nicht gegeben.
Anfang September trifft sich die Bundesregierung nun zu einer Klausur. Da werden die drei Parteichefs Muskeln zeigen müssen, um all das wieder auf Schiene zu bringen.
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