Kirche gegen Herbert Kickl: Sag, wie hältst du’s mit der FPÖ?

Kirche gegen Herbert Kickl: Sag, wie hältst du’s mit der FPÖ?
Im Versuch, sich von Rechts zu distanzieren, verschleiert die Kirche ihre eigenen politischen Motive – und die Nähe zur ÖVP, der sie gegen Kickl beispringt.
Christoph Schwarz

Christoph Schwarz

Herbert Kickl gibt sich neuerdings also bibelfest. Beim FPÖ-Parteitag beschwor er vor seinen Jüngern christliche Werte, ja nahm sogar Anleihen am Korintherbrief des Apostel Paulus und versprach „Glaube, Hoffnung und Liebe“. Ganz überraschend kam das nicht, die FPÖ spielte schon im Wahlkampf mit religiös aufgeladenen Slogans („Euer Wille geschehe“). 

Kickls erste Gehversuche sind gar mehr als zwei Dekaden alt, als er – in der Rolle des blauen Polit-Dichters – mit „Pummerin statt Muezzin“ die Kirche zur Abgrenzung vom Islam einspannte. Kickl steht nicht alleine da: Auch anderswo bedienen sich rechte Populisten derzeit am Glauben. US-Präsident Donald Trump, der sich und seine Politik auf die radikalen Evangelikalen stützt, ist nur ein Beispiel, aber wohl das wichtigste.

Die Kirche muss sich angesichts der immer unverhohleneren Vereinnahmung die Gretchenfrage stellen: Sag, wie hältst du’s mit den Rechten? Bis jetzt wirkt die Distanzierung von der Politik im Allgemeinen und Kickl im Speziellen, die Österreichs Kirchenvertreter proben, unbeholfen. Sie begehen in ihrer Argumentation Kardinalfehler, die an ihren Motiven zweifeln lassen. Wenn der Vorsitzende der Bischofskonferenz Franz Lackner und die Katholische Aktion vor einer „Instrumentalisierung“ warnen und kritisieren, dass Kickl christliche Botschaften „bis zur Unkenntlichkeit verdrehe“, indem er sie für Ausgrenzung, Spaltung und das Schüren von Ängsten nutze, dann agieren sie geschichtsvergessen und verschleiern ihre eigene Rolle. Kaum eine Institution setzte ihre machtpolitischen Fantasien je so grausam durch wie die Kirche, niemand nahm über Jahrhunderte so viel Einfluss auf die Geschicke ganzer Nationen.

Der gesamte Kanon an religiösen Ge- und Verboten ist darauf ausgerichtet, die Gesellschaft zu formen. Mit dem Schüren von Ängsten kennen sich Religionen bestens aus; auch die Spaltung wohnt dem Glauben (nicht nur dem christlichen) inne: Religionen verfolgen per definitionem einen Absolutheitsanspruch. (Nur) wer an den richtigen Gott glaubt, wird errettet. Für den Beweis muss man argumentativ nicht in die Zeit der Inquisition zurückgehen – mit ihrer Positionierung zu Themen wie Homosexualität und der Rolle der Frau agiert die Kirche bis heute höchst politisch. (Selbst bei Petitessen wie der Sonntagsöffnung hat sie die Finger im Spiel.)

Dass sich die Kirche in Österreich nicht parteipolitisch vereinnahmen lassen wolle, ist zudem unwahr. Ein wichtiger Flügel der ÖVP, die das „Christlich-Soziale“ unwidersprochen für sich reklamiert, ist eng mit der Kirche verwoben. Wenn die Vereinnahmung von den „Richtigen“ kommt, genießen die Würdenträger die Nähe zur Macht. Erst seit nun die FPÖ frech nach katholischen Wählern aus dem ÖVP-Becken fischt, wurde man aktiv – und agiert damit erst recht parteiisch. Für die glaubhafte Positionierung gegen rechten Populismus ist das noch zu wenig.

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