Herbert Kickl, damals noch Innenminister der türkis-blauen Kurz-Regierung, hat vor sechs Jahren ausgesprochen – und damals für große Aufregung gesorgt – was Donald Trump heute vorexerziert: „Das Recht muss der Politik folgen, nicht die Politik dem Recht“, sagte der Mann, der gerne nächster österreichischer Kanzler werden würde.
Nun braucht der Präsident der USA keine Anleitungen aus einem kleinen Land im aus seiner Sicht vernachlässigbaren Europa. Aber die Richtung ist die gleiche: Die unabhängige Justiz darf nur so lange unabhängig bleiben, solange sie den politischen Zielen der Mächtigen nicht im Weg steht.
Was der 47. Präsident der USA derzeit nahezu täglich auf den Tisch haut, lässt den Atem stocken: Im Stakkato folgen die Präsidialerlässe, so schnell und so unerhört in ihrer Tragweite, dass weder Betroffene, denen Job oder Gelder gestrichen werden, noch Gerichte zeitgerecht folgen können.
Aber es ist nicht allein die Flut seiner drakonischen Beschlüsse, mit denen Trump beginnt, den Rechtsstaat auszuhebeln. Es ist auch ein republikanisch dominierter Kongress, der vergessen hat, dass es zu seinen ureigensten Aufgaben gehört, den Herrn im Weißen Haus in Zaum zu halten. Er wurden damit zu einem willenlosen und somit freiwillig sinnentleerten Parlament, das seine legislative Macht aus der Hand gibt und manchmal sogar applaudierend zusieht, wie Trump beginnt, alle Macht im Staat an sich zu reißen.
Dass die Hilfsorganisation USAID mit ihren 60.000 Mitarbeitern zerschlagen wurde, ist ein klarer Rechtsbruch, kümmerte die willfährige republikanische Mehrheit auf dem Kapitol aber wenig.
Und so scheuen Trump und Co. nun auch immer weniger davor zurück, Gesetze und Richter einfach zu ignorieren. Rückendeckung erhält Trump dabei von seinem Vize J. D. Vance, der auf X schockte: „Richtern ist es nicht erlaubt, die legitime Macht der Exekutive zu kontrollieren.“ Dabei sollte es der in Harvard ausgebildete Jurist eigentlich besser wissen – dass das Gegenteil der Fall ist:
Der Präsident muss tun, was die Gerichte ihm sagen – alles andere wäre eine Verfassungskrise. Aber genau dort, so meinen jedenfalls schon Heerscharen von Juristen, seien die USA jetzt angekommen – in einer Verfassungskrise.
Andere sprechen gar schon von einem „administrativen Staatsstreich“.
Trump folgt einem Plan, den die Herren Erdoğan und Orbán schon ausgeführt haben: Alle Macht bei sich konzentrieren, freie Medien schwächen, die unabhängige Justiz attackieren und umfärben – bis dorthin eben, „wo Recht der Politik folgt“. Dann fällt die letzte Verteidigungslinie der Demokratie gegen die unkontrollierte Macht der Exekutive.
Das ist mittlerweile nicht mehr undenkbar im Land, wo die berühmten Checks und Balances stets gegriffen und seit Jahrzehnten Vorbildwirkung haben.
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