Türöffner und Ruhepol: Wie Pröll den ÖFB auf Kurs bringen kann

Josef Pröll
Der Ex-Vizekanzler ist als neuer Spielmacher im Fußball-Bund gefordert und kann dem Amt wieder Würde verleihen.
Andreas Heidenreich

Andreas Heidenreich

Josef Pröll nimmt sich des österreichischen Fußballs an. Der ehemalige Vizekanzler ist am Mittwoch aus einer dreieinhalbstündigen Sitzung als einziger Kandidat für die Wahl zum ÖFB-Präsidenten (der nach einer geplanten Strukturreform Aufsichtsratsvorsitzender heißen wird) hervorgegangen.

All jenen, die hinter dieser Entscheidung politische Postenschacherei vermuten, sei gesagt: Das ist ein Ehrenamt, bei dem es nichts zu verdienen und generell wenig zu gewinnen gibt. Es kostet in erster Linie – zwar kein Geld, aber vermutlich Nerven und ganz bestimmt Zeit. Der ehemalige Finanzminister Rudolf Edlinger hat den Aufwand für sein Engagement als Rapid-Präsident einst mit durchschnittlich 20 Wochenstunden beziffert.

Jetzt stellt sich die Frage: Warum tut man sich das an? Gründe gibt es zur Genüge. Die Liebe zum Sport sollte im Vordergrund stehen. Aber klar: Ein bisserl Prestige darf schon dazugehören, und ganz allgemein wird das Ehrenamt ohnehin viel zu selten gewürdigt. Ohne den Einsatz vieler, die sich ohne Entgelt engagieren, wäre nicht nur der Sport tot.

Allerdings: Viel zu oft ist der österreichische Fußball zuletzt zur Bühne für Eitelkeiten geworden. Damit aufzuräumen wird die erste große Herausforderung für Josef Pröll, der zum ÖFB kommt, um den Machtkampf zwischen Vertretern einzelner Bundesländer aufzulösen. Höchste Zeit, dass man sich im größten Sportverband des Landes in Ruhe auf große Ziele fokussieren kann. Etwa die WM-Teilnahme 2026 – eine historische Chance.

Dem ehemaligen Spitzenpolitiker ist zuzutrauen, diesem Amt wieder Würde zu verleihen und dafür zu sorgen, dass die Herrschaften an der Spitze des Verbandes wieder das tun, wofür sie gewählt wurden. Dass der Aufsichtsrat als Kontrollorgan agiert und nicht medial in den Vordergrund tritt, um Macht zu demonstrieren. Dass Teamchef Rangnick in seinen Ambitionen beflügelt und nicht gebremst wird.

Josef Pröll hat angekündigt, bis zu seiner Wahl am 18. Mai für Interviews nicht zur Verfügung zu stehen – das macht Sinn, nachdem sich ÖFB-Funktionäre zuletzt regelmäßig ins Out geplappert haben.

Von Pröll ist auch zu erwarten, dass er in den Sitzungen dieses Gremiums die Richtung vorgibt und nicht wie seine Vorgänger zunächst auslotet, wohin die Mehrheit tendiert, um dann auf der richtigen Seite zu stehen.

Mit ihm kommt eine Persönlichkeit zum ÖFB, die einen besseren und kürzeren Draht in die allerhöchsten Ebenen der Politik und Wirtschaft hat als all seine Vorgänger. Es wird deshalb nicht schon übermorgen ein modernes Nationalstadion im Wiener Prater stehen. Allerdings: Pröll könnte für den Fußball-Bund Türen öffnen, wo andere jahrelang anklopfen müssen.

Kommentare