Nach dem Amoklauf: Der Schmerz sitzt tief

Bisher schien alles weit weg. Wenn Amokläufe an Schulen für tragische Schlagzeilen sorgten, lag der Ort des Geschehens meist in den USA. Dass es Vorfälle mit einem ähnlich tödlichen Ausgang bereits in Schottland oder Deutschland gegeben hat, verstärkte zwar die Betroffenheit, am Ende klammerte sich die Bevölkerung dann aber immer an die Hoffnung, dass bei uns ein Amoklauf mit einer ähnlich hohen Opferzahl wohl nie vorkommen werde.
Diese trügerische Unschuld hat die ehemalige "Insel der Seligen" mit dem Massaker an einem BORG in Graz nun endgültig verloren.
Dreitätige Staatstrauer
Das wurde an diesem Dienstag ganz Österreich brutal vor Augen geführt, besonders schmerzlich jenen Eltern und Lehrern, die von dieser Schreckenstat unmittelbar betroffen sind. Der Schmerz, den die betroffenen Familien derzeit durchleben, ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Er wird auch nicht so schnell wieder weggehen. In die Geschichte wird der 10. Juni als ein schwarzer Tag eingehen, der auf der Schule, auf der Stadt Graz, letztlich auf ganz Österreich lastet.
Die Politik zeigt tiefste Betroffenheit, kondoliert und beschwört den Zusammenhalt der Gesellschaft. Im In- und Ausland. Das sollte man nicht als bloße politische Floskeln abtun. Es ist wichtig, dass das offizielle Österreich die entsprechende Anteilnahme zeigt – für die Betroffenen, aber auch die gesamte Bevölkerung, für die der Amoklauf des 21-jährigen Ex-Schülers genauso einen Schock bedeutet. Die geplante dreitägige Staatstrauer wird das alles noch verstärken. Ganz Österreich trauert, das ist ein Gebot der Stunde.
Sicherheit an den Schulen?
Klarerweise werden jetzt neue Maßnahmen verkündet werden, um unsere Schulen vor solchen Rachefeldzügen zu schützen. Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen verlangt nach Konsequenzen, auch wenn alle wissen, dass es den hundertprozentigen Schutz nicht geben wird. Sicherheitsschlösser, Schutzvorrichtungen oder gar Sicherheitspersonal können vieles verhindern, solche Taten aber nicht ausschließen.
Womit wir wieder bei dem Zusammenhalt wären, der nach solchen Taten sofort beschworen wird. Da ist uns tatsächlich vieles abhandengekommen. Das Faustrecht scheint mehr Gewicht zu haben als eine Gesellschaft, die Konflikte amikal austragen kann. Mit dem US-Präsidenten Donald Trump etwa wird der Welt demonstriert, dass die Grundwerte eines gedeihlichen Zusammenlebens nicht mehr zählen. Dafür erhält er teilweise auch in Österreich Applaus. Die Aggression, mit der auf sozialen Netzwerken argumentiert wird, ist ein anderes Beispiel dafür. Da muss von der Politik, aber auch von der Gesellschaft konsequenter dagegen gesteuert werden. Das hilft auf lange Sicht mehr als jedes zusätzliche Sicherheitsschloss.

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