Europa hat ein Riesenproblem mit der Verkehrswende

E-Autos
Das Verbrenner-Aus ist in der EU beschlossen, eine Rücknahme nicht in Sicht. Wir haben aber ohnehin größere Industrie-Probleme.
Bernhard Gaul

Bernhard Gaul

Die Europäische Union hat sich nicht einfach nur bekannt zu einem Aus für erdöl-basierte Verbrennerautos (Benzin und Diesel) ab 2035. Die 27 EU-Staaten haben das vielmehr gesetzlich beschlossen, mit einer qualifizierten Mehrheit (55 % der Mitgliedsstaaten, die 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren).

Weil aber jetzt Wahlkampf ist, bekommen  immer mehr Parteien wie die ÖVP oder die deutsche CDU/CSU Angst vor der Entscheidung der konservativ geführten EU-Kommission. Nur zur Erinnerung: EU-Kommissionspräsidentin ist Ursula von der Leyen ist europäische Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei. Aber was kriegt man, wenn man sie (über die ÖVP) wählt? Von der Leyen hat selbst nie angekündigt, das Aus vom Verbrenner-Aus anzustreben, sondern nur, dass der Beschluss 2026 noch einmal auf Machbarkeit überprüft werden wird. Genau das steht im Gesetz. Ein Versprechen zum Aus vom Aus ist das aber nicht.

Also sind alle Ankündigungen, das Verbrenner-Aus in der kommenden EU-Legislaturperiode wieder zurückzunehmen, unredlich, weil die EU-Staaten in der Regel nicht so flatterhaft sind, wie es unsere nationale Politik vorlebt. Es gibt keinen Hinweis, dass ausreichend viele EU-Staaten zwei Jahre nach dem Beschluss vom Verbrenner-Aus ihre Meinung um 180 Grad ändern.  Übrigens nicht einmal innerhalb der größten Fraktion im EU-Parlament, den Christdemokraten von der EVP: Die konnten sich auch bei ihrem Parteitag in Bukarest Anfang März nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt zum Verbrenner-Aus einigen.  Das war der entscheidende Punkt, warum die ÖVP diesem Programm nicht zugestimmt hat.

Unbestritten ist, dass wir Europäer aber ein Riesenproblem mit der Verkehrswende, die ja im Verbrenner-Aus ab 2035 gipfelt, haben. Die so immens wichtige europäische Autoindustrie wird von amerikanischen und asiatischen Konzernen überholt. Warum sind deren E-Autos besser, billiger, effizienter und mit deutlich weniger groben Software-Mängeln.

Die noch größere Frage ist: Was war eigentlich der große Plan der europäischen Industriepolitik der vergangenen  Jahrzehnte? Die Elektromobilität wurde  verschlafen. Wo ist die konzentrierte Batterieforschung? Die Chinesen bauen bereits deutlich leistungsfähigere Akkus. Wo gibt es günstige Photovoltaik „Made in EU“? Nirgends, China versorgt längst 90 Prozent des Weltmarktes. Von den zehn größten Windkraftkonzernen sind sieben aus China. Wo ist das europäische Bahn-Hochgeschwindigkeitsnetz? Das  ist nicht einmal in Planung. Wo ist die europäische Forschung zur Künstlichen Intelligenz? Da sind wir Zaungäste, die Innovationen kommen aus den USA. Mobiltelefone, Computer, Bildschirme? Alles aus Asien.

Das alles müssen die großen Themen für den EU-Wahlkampf sein, damit Europa eine gute Zukunft hat.

Kommentare