Fehlstart: Diesen Makel wird Friedrich Merz nicht mehr los

Geschockt: Friedrich Merz kann es nicht glauben, er ist wurde im ersten Wahlgang nicht zum Kanzler gewäht
Was ist ein Start, der gleich schief geht und das Parlament, nein, vielmehr das ganze Land in Schockstarre versetzt? Genau, das ist kein Start, sondern ein Debakel, das mit Fug und Recht das Adjektiv „historisch“ verdient: Nie zuvor ist in der Bundesrepublik Deutschland ein Kanzler bei der ersten Wahlrunde im Bundestag durchgefallen.
Sechs Abgeordnetenstimmen auf die erforderlichen 316 haben Friedrich Merz dafür gefehlt, endlich sein lang ersehntes, mit Mühen erkämpftes Amt als deutscher Regierungschef anzutreten. Auch wenn es der 69-jährige Christdemokrat am Dienstagnachmittag in einem zweiten Wahlgang schließlich doch noch zum Kanzler schaffte, wird Merz diesen Makel nie mehr loswerden:
Ein Noch-nicht-Kanzler, der gleich einmal ausgebremst wurde; ein Regierungschef, der antrat, um in Deutschland alles besser, effizienter, gründlicher, zukunftsorientierter zu machen – und dann noch vor dem Loslegen gestoppt wurde:
Was wird solch ein Regierungschef später tatsächlich schaffen? Kann ein schon anfangs abgestrafter Kanzler die politische Mitte des Landes so bewegen, dass sich die Herausforderungen von Migration über Digitalisierung, Konjunkturbelebung und Geopolitik meistern lassen?
Eine Retourkutsche?
War der böse Tiefschlag für Friedrich Merz die Retourkutsche für seine früheres gemeinsames Abstimmen, damals noch als Oppositionschef, mit der rechtsextremen AfD? Das ist bei einer geheimen Abstimmung über den künftigen Kanzler, wie es am Dienstag war, nicht zu ermitteln.
Ein völlig unnötiger Affront war es allemal: Und das nicht nur gegenüber Merz und dessen schwarz-roter Koalition – sondern auch gegenüber jedem deutschen Wähler, der bei der jüngsten Bundestagswahl für die konservative Union und die Sozialdemokraten gestimmt hat.
Verantwortung für dieses demokratiepolitische Desaster tragen deshalb jene 18 Abgeordneten aus CDU/CSU und/oder SPD, die gegen ihre eigene, künftige Koalition gestimmt oder sich enthalten – und damit den eigentlichen Wählerwillen verraten haben. Er oder sie mag noch so unzufrieden sein mit Merz, der immer wieder polarisiert oder mit seinen Manövern zur irregulären Migration für Unmut sorgt – 28,6 Prozent der deutschen Wähler haben für ihn gestimmt, und auf 16 Prozent geschrumpfte Wähler der SPD haben sich mit dem Gedanken an eine Neuauflage der „Gro-Ko“ gewöhnt.
Dass da ein paar Abgeordnete nicht mitspielten, und Merz und Co. auf gut wienerisch eine „Faustwatschn“ erteilen wollten, nützt genau nur der rechts-extremen AfD. Deren feixenden Abgeordnete mussten sich nur zurücklehnen und darauf hinweisen: "Seht her, die berühmte Politik der Mitte, die Systemparteien, sie haben nicht mal ihre eigenen Leute im Griff."
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