Der Bürokratie-Drachen

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Der Abbau von überbordenden Regularien ist rasch gefordert. Die Realität sieht anders aus. Das zeigt der aktuelle Konflikt um die KIM-Verordnung.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Gleichgültig, wohin man in Europa blickt. Die Forderung ist immer die gleiche. Die Wirtschaft müsse entfesselt werden, um wachsen zu können, die Bürokratie eingedämmt. Das will man derzeit auf EU-Ebene in Angriff nehmen, das hat sich der neue deutsche CDU-Kanzler Friedrich Merz auf die Fahnen geheftet, das steht auch im Regierungsprogramm der Dreierkoalition in Österreich. In der Bundesregierung gibt es mit Sepp Schellhorn von den Neos dafür sogar einen eigenen Staatssekretär.

Die Vergangenheit lehrt uns, dass das meist nur Lippenbekenntnisse waren und kaum etwas bewegt worden ist. Ähnlich dem Kampf gegen den mehrköpfigen Drachen in der Mythologie. Statt ihn zu besiegen, musste man zur Kenntnis nehmen, dass der Bürokratie-Drachen noch einen Kopf mehr bekommen hat. Und so wurden die Beleg- und Berichtspflichten immer mehr, die Verfahren immer länger. Und am Ende droht die Wirtschaft daran zu ersticken, wie es der ehemaligen SPD-Außenminister Sigmar Gabriel bei einem Besuch in Österreich formulierte.

Unter diesem Blickwinkel muss man sich auch die aktuelle Entwicklung rund um die umstrittene KIM-Verordnung anschauen. Die war 2022 von der Finanzmarktaufsicht FMA auf den Weg gebracht worden, um die Vergabe von Wohnkrediten so streng zu regeln, dass eine Überschuldung von Kreditnehmern sowie Zahlungsausfälle bei Banken vermieden werden können. Die Auslegung war aber so rigoros, dass eher verhindert wurde, dass sich junge Menschen Eigentum schaffen konnten. Und das in einem Sektor, der für die Banken ohnehin nicht das große Problemfeld ist. Die Kreditausfälle sind eher gering, wenn Geld für den privaten Wohnungs- oder Hauskauf benötigt wird. Da geht es nicht um René Benko oder die Commerzialbank im Burgenland. Die ist aus anderen Gründen und trotz der strengen Augen der FMA zusammengekracht. Da geht es vielmehr um die regionale Bauwirtschaft, die unter den KIM-Fesseln der FMA gelitten hat.

Nach heftigen Protesten – speziell auch der Bundesländer – läuft die Verordnung nun aus. Also weniger Regeln und weniger Bürokratie? Per Rundschreiben hält die FMA an ihren Leitlinien fest. Mit der Konsequenz, dass die Beleg- und Berichtspflicht sogar noch größer wird. Das ist nicht die geforderte Entfesselung für die Wirtschaft, das riecht eher nach Knebelung.

Die Regierung kann das nicht einfach so zur Kenntnis nehmen, weil es zeigt, wie ihre Forderung nach weniger Bürokratie auf der Ebene der Verwaltung und Kontrolle torpediert wird. Und weil sie es in Zeiten wie diesen nicht zulassen darf, dass Bürokratieabbau wieder einmal nur zum Lippenbekenntnis degradiert wird.

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