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TOPSHOT-US-POLITICS-VOTE-NEW YORK-MAMDANI
Ein Gespenst geht um – nun auch in Amerika. Warum die Aufregung rund um den sozialistischen New Yorker Bürgermeister primär instrumentalisiert ist.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Zohran Mamdani, oh my god – oder „Bozhe moj“, wie man in der UdSSR sagte. Seit der gebürtige Ugander mit indischen Wurzeln, der erst seit 2018 die US-Staatsbürgerschaft hat und mit einer Frau mit syrischen Eltern verheiratet ist, die Bürgermeisterwahl in New York gewann, hat sich die politische Erdachse noch einmal verschoben.

Was jetzt passieren wird, ist wohl klar: Der Central Park wird in eine riesige Kolchose verwandelt, Wodka löst Whiskey in allen New Yorker Bars ab, in Hotelzimmern werden fortan Bücher von Karl Marx liegen. „Das Kapital“ trifft auf Kapitalismus.

Aber gehen wir einen Schritt zurück und malen wir noch nicht den Lenin an die Wand. Was ist passiert?

Ein charismatischer Jung-Politiker der Demokraten hat eine Wahl gewonnen, obwohl seine Partei angesichts der drohenden (und in Teilen bereits existierenden) Allmacht Donald Trumps in Lethargie darniederzuliegen schien. Er bezeichnet sich selbst als Sozialist, was in Amerika zu den größten Schimpfwörtern zählt (vor Sozialisten hat man in vielen Bundesstaaten offenbar mehr Angst als vor diktatorischen Ansprüchen eines rechtskräftig verurteilen Straftäters). Und er hat Wahlversprechen abgegeben, die er vermutlich niemals halten wird können, die man aber in Europa nur allzu gut kennt. Gratis Öffis (gibt es im dekadenten Europa mancherorts), Mietpreisbremsen (gibt es sogar hierzulande), Eindämmung von Lebensmittelpreisen (auch ein Dauerthema in good/bad old Europe).

Mainstream-Debatte

Was in den USA als linksradikal gilt, ist in Europa fast schon eine Mainstream-Debatte. Und hat Graz sogar eine kommunistische Bürgermeisterin beschert. Aber wahrscheinlich ging es den Wählern gar nicht um solche Kategorien. Möglicherweise haben sie einfach einen Populisten vom anderen Spektrum gewählt, weil sie vom anderen die Nase voll haben. Jedenfalls wird Trump von nun an Mamdani täglich auf Social Media attackieren. Der New Yorker Bürgermeister wird als Schablone für einen Kulturkampf missbraucht werden, der alles in Schwarz-Weiß-Schemata presst und Reflexion unmöglich macht. Er wird schuld sein an der Wokeness, an der illegalen Migration, sogar am russischen Krieg gegen die Ukraine und am wachsenden Antisemitismus.

Mamdani ist Moslem und hat die israelische Regierung heftig kritisiert. Dass er bereits Signale in Richtung seiner jüdischen Mitbürger aussendet, lässt hoffen, dass er verstanden hat, wie sensibel dieses Thema für eine der jüdischen Hauptstädte dieser Welt ist. Als Bürgermeister von New York hat er da eine besondere Verantwortung. Jetzt geht es darum, ihn an seinen Taten zu messen und nicht an den geschürten Vorurteilen. Doch gerade das ist in den USA (und nicht nur dort) heute besonders schwierig.

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