Was Leistung mit Arbeit zu tun hat

Die Polit-Debatte um die angeblich sinkende Leistungsbereitschaft am Arbeitsmarkt nimmt immer groteskere Formen an. Auch wenn das undifferenzierte Teilzeit-Bashing die ÖVP im letzten Wahlkampf zahlreiche Wählerinnenstimmen gekostet hat, wird eisern daran festgehalten. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer unterstellt Erwerbstätigen neuerdings pauschal eine gewisse Wellness-Mentalität, wenn sie von der aus dem Industriezeitalter stammenden „Normalarbeitszeit“ von 40 Wochenstunden oder mehr abweichen.
Im „Teilzeitmodus“ gebe es kein Schnitzel am Wochenende, polemisierte der Berufspolitiker mit wenig Erfahrung in der Realwirtschaft kürzlich. Quasi als Beweis für die unterstellte Arbeitsunlust wird gerne der makroökonomische Arbeitszeitvergleich von Eurostat herangezogen, wonach Österreich und die Niederlande angeblich am wenigsten und die Griechen am meisten arbeiten.
Mit Verlaub: Geringe Stundenanzahl kann nicht mit Leistungsschwäche gleichgesetzt werden. Leistung beschreibt die Menge an Arbeit, die in einer bestimmten Zeit verrichtet wird. Wer mehr Arbeit in kürzerer Zeit verrichtet, erbringt eine höhere Leistung als jemand, der für weniger Arbeit länger braucht. Eine Teilzeitkraft ist also nicht automatisch weniger leistungsfähig als eine Vollzeitkraft, da diese mitunter in vier Tagen mehr leistet als jemand anderer in fünf Tagen. Es kommt also vor allem darauf an, wie produktiv gearbeitet wird.
Die Leistungsdebatte rein auf Arbeitsstunden abzustellen, blendet auch zwei weitere wichtige Aspekte völlig aus: die Struktur der Wirtschaft und die unbezahlte Arbeit. So wichtig die Gütererzeugung für die Volkswirtschaft ist, drei Viertel der Wertschöpfung kommt aus dem Dienstleistungssektor. Nicht die Industrie, sondern Tourismus, Handel, Bildung sowie Sozial- und Gesundheitswesen sind die zentralen Säulen der Beschäftigung.
Die wachsende Dienstleistungsgesellschaft lässt sich gar nicht mehr in ein starres Arbeitszeitmodell aus dem Industriezeitalter pressen, maximale Flexibilität ist gefragt. Der Einzelhandel darf 72 Stunden in der Woche offenhalten, das Schnitzel wird auch am Wochenende, in der Nacht und an Feiertagen gegessen. Das geht sich mit Vollzeitkräften allein nicht aus. Unternehmen haben selbst ein Interesse daran, Randzeiten und Nachfragespitzen mit flexiblen Kräften abzudecken. Bleibt noch die viele unbezahlte Care-Arbeit (Kinderbetreuung, Pflege, Ehrenamt), vorrangig von Frauen geleistet, die „nur“ Teilzeit arbeiten.
Und die Griechen? Dort sind weniger Frauen erwerbstätig als in Österreich. Statistisch kommt damit eine griechische Familie mit arbeitendem Vater auf 40 Wochenstunden. Wenn in Österreich der Vater 40 und die Mutter 20 Stunden arbeitet, zählt die Statistik nur 30 Stunden.
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