Was für ein Theater - um das Burgtheater
Stefan Bachmann ist, nach vielerlei Maßstäben, ein Burgtheaterdirektor, wie man sich eben einen Burgtheaterdirektor vorstellt: Mann jenseits der 50, Theaterleiter mitten aus dem Apparat, preisgekrönter Regisseur.
Es sagt viel aus, dass die äußere Passform in die bekannte Kulturmanagerschablone die eigentliche Überraschung bei der Bestellung ist. Bachmann schreibt, wider alles kulturpolitische Erwarten, eine Burgtheaterhistorie eher nahtlos fort, die aber eigentlich vor allerlei Brüchen steht.
Denn längst findet sich auch die Kulturbranche mitten im Sturm des Kulturkampfes. Der hat – obwohl er sie im Namen führt – mit Kultur kaum etwas zu tun. Jedoch sehr viel mit einem Wettstreit zwischen den Zumutungen der Gegenwart und den Beharrungskräften einer krisenumwogten Gesellschaft. In allen Bereichen wird gerade verbissen ausgefochten, ob die Welt so, wie sie zuletzt war, nicht eh die perfekte ist. Oder ob sie sich neuen Maßstäben und Anliegen stellen soll. Klimaaktivisten gegen Autofahrer, Winnetou-Anhänger gegen „Hugh“-Skeptiker, Woke gegen Un-Woke: Man steht einander unversöhnlich und ungeduldig gegenüber.
Auch Regietheaterregisseure und Regietheaterablehner: Das bisherige Murren eines Teils des Publikums bei allzu fortschrittlichen Zugängen zu Kostümen, Handlung und Sprache ist nach der Pandemie in Abwendung umgeschlagen. Die Stimmung zu kitten, wird neue Ideen und ein neues Aufeinanderzugehen brauchen. Vor allem Letzteres führen neu bestellte Kulturmanager schon lange auf den Lippen, so sehr, dass Antrittsstatements oft fast satirisch gleich klingen: Man müsse öffnen, außerhalb der Kulturtempel agieren, diverser werden und so weiter und so fort.
Dieses Lied kennt auch der künftige Burgtheaterchef, er hat es bei seiner Vorstellung nachgesungen.
Auch das Lied von der Läuterung: Nach einem Knatsch mit dem Ensemble in Köln habe man viel über heutige Führung gelernt.
Im Alltag bleibt von all dem neuen Entgegenkommen oft wenig übrig. Das ist zunehmend ein Problem: Denn auch wenn „Burgtheater“ immer noch mit ehrfürchtigem Unterton ausgesprochen wird – in der realen Bedeutung der Kultur knirscht es längst gewaltig.
Die ihre eigene Brillanz vor sich hertragenden Figuren an den Bühnenspitzen wirken dabei auf die einen aus der Zeit gefallen und auf die anderen als Symptom einer arroganten Kultur, die sich nicht ums Publikum kümmert. Wie man aber zu einem Publikum spricht, das sich in etablierte Vorstellungen von Bühnenkunst verkriecht und die gebotene Kultur nicht mehr ganz Ernst nimmt, das weiß kaum jemand.
Gutes Theater ist nur ein Teil der Antwort, und zwar der einfachste.
Eine prominente Bestellung wie beim Burgtheater hätte neue Antworten oder Stoßrichtungen signalisieren können. Hätte.
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