Dass die Reform von Stiftungs- und Publikumsrat im ORF unter der Überschrift „Entpolitisierung“ stehen soll, wie der Medienminister sagt, entlockt dem geübten Österreicher höchstens ein Augenrollen: Wer das glaubt, der würde Andreas Babler wohl ohne Probefahrt auch einen günstigen Gebrauchtwagen abkaufen.
Denn die Politik treibt seit vielen Jahren und in jeder Farbkonstellation das gleiche Spiel mit dem ORF: Ist die eigene Partei gerade in Opposition, fordert man lautstark das Zurückdrängen des Politeinflusses auf dem Küniglberg. Ist man selbst in der Regierung, sorgt man unter diesem Schlagwort dann dafür, dass die eigene Partei möglichst viel Einfluss hat.
So nun auch in der Neuordnung der Aufsichtsorgane im ORF.
Schwarz und Rot haben im Stiftungsrat nach der „Entpolitisierung“ in Zukunft jeweils ein Drittel der Sitze, die FPÖ hat nicht einmal ein Zehntel. Dass sich die dauerempörten Blauen da aufregen, wird niemanden groß überraschen, auch wenn die Partei schon genüsslich ihre eigenen Umbaupläne für den ORF öffentlich dargelegt hatte. Dass den Grünen in der Opposition plötzlich einfällt, wie man zu entpolitisieren hätte, was sie in der Regierung nicht ganz so genau wussten, ist eher humorig.
Die Reform selbst erfüllt, was der Verfassungsgerichtshof aufgetragen hat – der sprach ja explizit nicht von einer Entpolitisierungsnotwendigkeit. Und dazu gibt es von der Regierung noch die Festschreibung und Zuspitzung des Sparauftrags an den ORF.
Der ist eine unentwirrbare Mischung aus legitimem Anliegen und offensichtlichem Show-Sparen: Angesichts des plötzlich verdoppelten Milliarden-Lochs im Bundesbudget klingt das Beschneiden des Öffentlich-Rechtlichen doch eher wie hohles Getöse für den Rang.
Nach der ORF-Reform ist vor der ORF-Reform: Eine große soll „zeitnah“ in Angriff genommen werden, lässt die Regierung wissen. Auf der entsprechenden Bingokarte kann man „Entpolitisierung“ abhaken, „Objektivitätsgebots-Debatte“ und „FM4-Debatte“ und „Radiosymphonieorchester-Debatte“ werden verlässlich folgen. Weniger verlässlich wird eine Debatte darüber folgen, was der durch die digitalen Riesen unter verheerenden Druck geratene Medienstandort Österreich wirklich bräuchte.
Hier wäre dringend ein großer Wurf gefragt, in den sich die ORF-Reform einfügen möge. Die dafür nötige politische Grundlagenarbeit ist undankbar und bringt keine schnellen Punkte im eigenen Lager wie Andreas Bablers Sexismus-Rüffel für das ATV-Programm. Auch wenn der inhaltlich nicht falsch war – man stelle sich derartige Einmischung ins Programm unter anderen politischen Vorzeichen vor. Entpolitisierung jedenfalls sieht insgesamt ganz anders aus.
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