Kolumne Anstoß: Eine zeitgemäße Formel 1

Philipp Albrechtsberger.
Es sind spannende Zeiten für die Königsklasse. Wenn auch nicht die einfachsten.
Philipp Albrechtsberger

Philipp Albrechtsberger

Einen Mangel an Selbstreflexion kann man der Formel 1 nun wirklich nicht vorwerfen. Pünktlich mit dem Erlöschen der Startampeln in Australien wird auch wieder munter über die Sinnhaftigkeit des Im-Kreis-Fahrens debattiert.

Gestern schaltete sich auch der Daimler-Vorstandsboss in die Diskussion ein. Per digitalen Brief an die Renn- und Fangemeinde stellte Dieter Zetsche die Frage: „Ist die Formel 1 noch zeitgemäß?“ Die Antwort gab er selbst ein paar Absätze später, kurz zusammengefasst lautete sie wie folgt: Natürlich ist die Formel 1 noch zeitgemäß. Und wie!

All das überraschte in etwa so sehr wie die gestrige Poleposition seines Angestellten Lewis Hamilton in Melbourne.

Unter all den, von Marketing-Abteilungen hübsch verpackten, Stehsätzen steckt hin und wieder auch eine Aussage mit längerer Halbwertszeit. So sagte Zetsche vor einiger Zeit, angesprochen auf die Zukunft der Mobilität: „Das Automobil wird gerade ein zweites Mal erfunden.“

Elektrifizierung, autonomes Fahren, Ausleihdienste in Ballungszentren – mit den neuen Formen der Mobilität ändert sich langsam, aber sicher auch unser Bezug zum Auto. Was noch vor zwanzig Jahren der Inbegriff von Freiheit war, ist heute mitunter eine verzichtbare Last. So mancher 18-Jährige geht mit dem ersten Lohn lieber auf Asienreise als zum Gebrauchtwagenhändler. Gehörte das Wechseln eines Scheinwerferlämpchens früher zum Standardrepertoire einer Vater-Sohn-Beziehung, so ist heute der Besuch einer Fachwerkstatt unerlässlich, in der der Wagen mit dem Diagnose-Computer verbunden wird.

Was das alles mit der Formel 1 zu tun hat? Der Mobilitätswandel macht auch vor dem Rennsport nicht Halt. Weil er sich durch den Straßenverkehr erst legitimiert. Nicht anders sind auch die Taten und Worte des neuen Formel-1-Eigentümers zu verstehen: „Wir wollen die Formel 1 von einer Motorsportfirma in einen Medien- und Unterhaltungskonzern verwandeln“, sagt Marketingchef Sean Bratches.

Es sind spannende Zeiten für die Königsklasse. Wenn auch nicht die einfachsten.

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