Die Waffe Wut: Der arabische Antisemitismus in Europa

Palästinenser-Demo am Wochenende in Brüssel
Die Wut und der arabische Antisemitismus sind in Europa angekommen – das heißt nicht Weltkrieg, wie viele orakeln. Aber es heißt Bedrohung.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Die Welt ist nicht ganz so düster, wie Medien sie kraft der Macht der Bilder gerne malen.  Mit diesem Hinweis wird immer wieder zum Durchatmen gemahnt, wenn in atemloser Unrast der Untergang, zumindest der Dritte Weltkrieg prophezeit wird – meist von Kommentatoren, die Kommentatoren zitieren (in der deutschen Bild fast täglich).

So weit waren wir nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und die Putin’schen Verschwörungstheorien gegen den Westen auch schon.

Jetzt brennt es in Nahost. Ein mit 9/11 vergleichbarer Terrorüberfall der palästinensischen Hamas; ein Aufbäumen Israels samt Gegenschlägen im Gazastreifen; zivile Opfer da wie dort; und ein vom Iran befeuerter Furor gegen Israel – Teheran und die verbündeten Milizen wollen nichts anderes als die Vernichtung Israels. Schlimm genug.

Aber droht ein Weltkrieg? Wohl keiner, der von einem militärischen Angriff Irans auf Israel ausgeht. Die USA haben sich im östlichen Mittelmeer positioniert und ein eindeutiges Signal gesandt, und der Iran hat im arabischen Raum kaum Freunde.

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Die Gefahr ist eine ganz andere. Der Terror der Milizen und die dadurch provozierten Gegenschläge haben das Ziel, in der arabischen Welt einen Wutausbruch zu schüren. Nicht bei den Regimen, die von Bahrain bis Marokko und zuletzt Saudi Arabien mit Israel immer besser „konnten“; sondern in der Bevölkerung, in der latente anti-israelische Ressentiments leicht zu schüren sind. Der Aufschrei von Jordanien bis Ägypten ist nicht einer für die Verteidigung der Palästinenser (die waren den Arabern immer schon herzlich egal!), sondern er gilt dem jüdischen Volk und dem Staat Israel.

Dieser Aufschrei ist nicht auf den arabischen Raum beschränkt. Er ertönt auch laut und lauter in Europa. Die (vorwiegend linke) Szene, die sich seit jeher in ihrer Solidarität mit den Palästinensern gefällt, mischt sich bzw. wird übernommen von Teilen der muslimischen Community, die in Europa in den vergangenen acht Jahren dramatisch gewachsen ist (und wächst). Und auch hier ist, wie im Nahen Osten, einem guten Teil das Schicksal der Palästinenser herzlich wurscht – es regiert der Hass gegen Israel.

Der arabische Antisemitismus ist in Europa angekommen. Der Furor ist bei vielen auch verbunden mit einer grundsätzlichen Abneigung der westlichen Werte (außer dem der Demonstrationsfreiheit). Beides stellt eine Bedrohung dar. Für Europa, für den Westen. Es kann gut sein, dass die von Analysten viel beschworene „Achse des Bösen“ von Peking über Moskau bis Teheran das mit Wohlwollen verfolgt – eine Schwächung des Westens, eine Befassung der selbstgefälligen Weltverbesserer mit sich selbst und ihren importierten Problemen, eine Erodierung der Demokratien und der Einheit, was könnte aus Sicht der anderen Achse Besseres passieren? Das ist noch kein Weltkrieg. Aber eine Verschiebung der Weltgewichte.

Porträt eines Mannes mit Brille und blauem Sakko vor dem Schriftzug „Kurier Kommentar“.

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