Herbert Kickl ist die FPÖ

Genau genommen hat Herbert Kickl zu Beginn des Jahres einiges verbockt. Nach dem Wahlerfolg im September des Vorjahres stand er bei den Verhandlungen mit der ÖVP nur wenige Meter vor jener Tür, die ihn zum ersten blauen Bundeskanzler der österreichischen Geschichte gemacht hätte. Die Gespräche scheiterten und die FPÖ musste wieder auf der Oppositionsbank verharren. Einige Proponenten aus ihrem Lager waren damals sicherlich verstimmt, weil sie sich schon als Teil einer blau-türkisen Bundesregierung gesehen haben. In der politischen Gerüchteküche wurde sogar kolportiert, dass es deshalb einige FPÖ-interne Unstimmigkeiten geben würde.
Der blaue Parteitag in Salzburg hat allerdings gezeigt, dass all das nur den Wunschvorstellungen anderer Parteien entsprungen sein dürfte. Es gab an diesem Samstag nicht einmal die geringste Kritik an der verpassten Regierungschance. Oder gar am Bundesparteiobmann selbst. Herbert Kickl wurde vielmehr als die Spitze der Partei zelebriert, um die sich alles dreht. Die 96,94 Prozent bei seiner Wiederwahl zeigen, wie unumstritten er in den eigenen Reihen ist. Er selbst konnte dort seine unterschiedlichsten Rollen präsentieren. Als wichtiger Teil der in der EU aufstrebenden rechten Achse – von Viktor Orbán bis Alice Weidel –, als der Mann, mit dem in Zukunft gute Jahre möglich sein sollen und auch als gläubiger Christ. Eine Karte, die bislang noch nie so richtig gespielt worden ist und die sofort Assoziationen mit den religiösen Anhängern des US-Präsidenten Donald Trump erwecken. Herbert Kickl spielt mit all den Bildern, ohne sich festnageln zu lassen.
Von den Delegierten gab es viel Applaus. Auch von jenen Vertretern, die in bereits fünf Landesregierungen sitzen. In der Steiermark stellen die Blauen mit Mario Kunasek ja sogar den Landeshauptmann. Diese dienen speziell der ÖVP als Feigenblatt, wenn es um die Rechtfertigung der Koalitionen auf Landesebene geht. Mit dem Hinweis, dass dort die blaue Politik viel sachorientierter sei als im Bund mit Herbert Kickl und seinen beiden Generalsekretären. In manchen Kreisen wurde sogar eine heimliche blaue Westachse kolportiert, die eine Politik abseits des Bundesparteiobmanns vorbereite. Industrievertreter wiederum hatten die Hoffnung, dass der freiheitliche Wirtschaftsflügel rund um Vertreter wie Arnold Schiefer eine eigene Agenda durchziehen könnte.
Doch das Gegenteil ist der Fall – das sind Tagträume politischer Gegner, denn: Derzeit ist Herbert Kickl die FPÖ. Das wird so bleiben, so lange er an der Spitze steht und in Umfragen an der Spitze liegt. Die schwarzen Landeshauptleute, die mit der FPÖ regieren, können nur froh sein, dass sich Kickl in die Landespolitik nicht einmischt, weil sie ihn nicht wirklich interessiert.
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