Gemeindefusionen: Angst als Reformbremse

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Wer tiefgreifende Strukturmaßnahmen angeht, wird oft vom Wähler abgestraft. Für die von der Dreierkoalition gestartete Verwaltungsreform bedeutet das nichts Gutes.
Josef Gebhard

Josef Gebhard

Nicht nur einmal mussten sich die Neos zuletzt den Vorwurf gefallen lassen, aus Koalitionsräson von ihren Grundsätzen abzurücken. Als es darum ging, die umstrittene Messenger-Überwachung zu beschließen, verweigerten zwei pinke Angeordnete sogar ihre Zustimmung zum Gesetz.

Daher ist es nur naheliegend, dass die Neos zwischendurch wieder stärker ihren Markenkern hervorkehren wollen.

Dazu gehört seit jeher neben dem Thema Bildung auch die Forderung nach einer schlankeren Verwaltung auf allen Ebenen. Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, dass sich die Pinken in ihrem neuen Grundsatzpapier ausführlich mit dem heißen Eisen Gemeindefusionen auseinandersetzen. Österreich sei nur doppelt so groß wie Dänemark, verfüge aber über 20 Mal mehr Gemeinden, rechnen die Pinken darin vor.

Schlechte Erfahrungen

Dass ÖVP und SPÖ nur verhalten auf die pinken Ideen reagieren, hat vor allem einen Grund: Wer die lokalen Strukturen verschlanken will, wird vom Wähler massiv abgestraft. Dies war 2015 in der Steiermark so, nachdem Schwarz-Rot sein großes Gemeindefusionsprogramm umgesetzt hatte.

Dies war aber auch 2024 so, als die ÖVP schwer dafür büßen musste, dass sie anstelle dreier kleiner und ineffizienter Spitäler im Bezirk Liezen ein modernes, von vielen Experten gefordertes Leitspital errichten wollte. Vor allem im letzten Fall war man nicht in der Lage gewesen, die Vorzüge der Bevölkerung zu erklären.

Mit fatalen Folgen auch für die Dreierkoalition auf Bundesebene. Ist doch zu befürchten, dass die vor wenigen Wochen vom Bund angestoßene Verwaltungsreform aus Angst vor möglichen Konsequenzen an der Wahlurne über ein paar kosmetische Maßnahmen nicht hinauskommen wird. Was sich das Land jedoch angesichts der klammen Kassen – buchstäblich – nicht leisten kann.

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