Weichenstellung für Demokratie und Kultur

Weichenstellung für  Demokratie und Kultur
Warum die Bundesregierung auf unsere Infrastruktur aufpassen muss

Der terrestrische Rundfunk – Antennenfernsehen sowie UKW und digitales DAB+ Radio – hat sich in all den Krisen der jüngsten Zeit als systemrelevant erwiesen, bei der Informationsvermittlung ebenso wie bei der Wahrung der Meinungsvielfalt. Der terrestrische Rundfunk hat aber auch seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis gestellt: Beim Antennenfernsehen wurde die Programmvielfalt enorm gesteigert, der nahtlose Übergang vom analogen ins digitale und hochauflösende TV-Zeitalter vollzogen und innovative digitale Übertragungslösungen entsprechend den geänderten mobilen Konsumgewohnheiten bei Bewegtbildern etabliert.

Dazu braucht es jedoch stabile Rahmenbedingungen. Genau darum geht es bei der Weltfunkkonferenz 2023, wo die zukünftige Nutzung der bewährten Rundfunk- und Kulturfrequenzen im UHF-Spektrum verhandelt wird. Das 800 MHz- und 700 MHz-Frequenzband wurde für den Mobilfunk anstandslos geräumt. Das Frequenzspektrum im Bereich 470-694 MHz ist jedoch die letzte verbliebene Grundlage für den Rundfunk.

Noch bis 2030 ist die primäre Nutzung seitens der Europäischen Union gesichert, die darüber hinausreichende Widmung soll bei der Weltfunkkonferenz entschieden werden. Das mag nach einer langen Zeitspanne klingen, reicht für die Planung und Re-Finanzierung von Zukunftstechnologien bei der Rundfunkübertragung wie 5G Broadcast jedoch nicht aus. Was einen umso bittereren Beigeschmack hat, als das Antennenfernsehen mit 5G Broadcast am Beginn einer neuen TV-Ära steht, die eine vom Programmanbieter bis zum Endkunden gewinnbringende Koexistenz von Mobil- und Rundfunk ermöglicht, und die ORF-Tochter ORS federführend an der Definition, Erprobung und gerade beginnenden Markteinführung dieses Standards involviert war. Ohne die Erhaltung des UHF-Bandes für den Rundfunk über 2030 hinaus wäre diese Erfolgsgeschichte somit bereits zu Ende, bevor sie richtig begonnen hat.

Auch die Zukunft des Radios sowie des Kunst- und Kulturbetriebs ist untrennbar an die Nutzung des UHF-Spektrums geknüpft. Funkmikrofone und zahlreiche weitere drahtlose Geräte in der Medienproduktion, bei Konzertveranstaltungen sowie auf Theater- und Kulturbühnen funktionieren ausschließlich in diesem Frequenzbereich. Damit entscheidet die Politik über das Schicksal ganzer Branchen und Wirtschaftszweige.

Bei der künftigen Widmung des UHF-Spektrums muss auch mitbedacht werden, dass die unabhängige und faktenbasierte Information unverzichtbar für die Demokratie und die Sicherheit der Bevölkerung ist. Doch nur wenn die Infrastruktursouveränität weiterhin gewährleistet ist, können terrestrisches Fernsehen und Radio auch in Zukunft als verlässlicher Verbreitungsweg fungieren. Gerade in Hinblick auf Krisen- und Katastrophenfälle gilt es, die Hoheit über das entsprechende Sendernetz sicherzustellen und nicht in die Hände von „Gatekeepern“ oder profitorientierten Telekomunternehmen zu legen.

Michael Wagenhofer ist Geschäftsführer der ORS Group und Sprecher der Frequenz-Allianz Österreich.

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