Vorstandsgehälter: Wo Fairness endet

Young and wealthy.
Es geht beim „Fat Cat Day“ nicht um Neid, es geht um Verteilungsgerechtigkeit. Eine Replik von Simone Hudelist.

Am 8. Jänner erreichte ein ATX-Vorstandsvorsitzender oder eine ATX-Vorstandsvorsitzende das Medianeinkommen einer durchschnittlichen österreichischen Beschäftigten oder eines Beschäftigten. Nach nur vier Arbeitstagen hat der Chef oder die Chefin eines ATX-Unternehmens das verdient, wofür die Mehrheit der Bevölkerung ein Jahr arbeiten muss. Der Begriff „Fat Cats“, der aus der US-amerikanischen Politik stammt, beschreibt Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener. Einst für reiche Gönnerinnen und Gönner geprägt, die sich mit großzügigen Spenden Einfluss sicherten, steht er heute symbolisch für überhöhte Gehälter und Privilegien. Die Berechnungsmethode für den „Fat Cat Day“ folgt jener des britischen High Pay Centre, einem Think Tank, der sich auf die Analyse von Vorstandsvergütungen spezialisiert hat.

Vorstandsgehälter: Wo Fairness endet

Simone Hudelist

Angenommen wird, dass ein Vorstandsvorsitzender oder eine Vorstandsvorsitzende täglich 12 Stunden arbeitet, sich eines von vier Wochenenden freinimmt sowie zehn Urlaubstage und neun Feiertage nutzt. Daraus ergibt sich eine Jahresarbeitszeit von 320 Tagen bzw. 3.840 Stunden. Es geht nicht – wie von Carmen Treml vom liberalen Think Tank Agenda Austria hier kürzlich (13.1.) behauptet – um eine Neiddebatte. Es geht um Gerechtigkeit und darum, ein Bewusstsein für diese Schieflage zu schaffen. Denn wenn Vorstandsgehälter das 81-fache des Medianeinkommens betragen, müssen wir uns fragen, welche Werte unsere Gesellschaft gutheißt.

Ja, es geht um Verantwortung. Managerinnen und Manager tragen eine hohe Verantwortung. Doch wo ist der Unterschied zu jener einer Busfahrerin, die Kinder heil in die Schule bringt? Oder zu jener eines Pflegers, der Medikamente verabreicht? Ist ihre Verantwortung so viel weniger wert und damit das ungleich niedrigere Gehalt gerechtfertigt?

Die Schere zwischen den Gehältern geht immer weiter auseinander. Daher gilt es, nicht nur, mehr Fairness herzustellen, sondern den Fokus auch auf nachhaltige Unternehmensführung zu legen. Es ist Zeit, dass Aufsichtsräte ihrer Verantwortung auch in diesem Thema gerecht werden und eine sinnvolle Relation zwischen Vorstandsvergütung und den Einkommen der Belegschaft definieren.

Eine „Manager to Worker Pay Ratio“ wäre ein erster Schritt. Nachhaltigkeitskriterien – wie Sicherung von Arbeitsplätzen, bessere Arbeitsbedingungen oder ein Mindestanteil von Frauen in Führungspositionen – müssen Teil der Vergütungspolitik werden, anhand der Führungskräfte gemessen werden. Leistung sollte sich daran orientieren, wie ein Unternehmen nachhaltigen Erfolg sichert, anstatt lediglich kurzfristige Gewinnziele zu verfolgen.

Der „Fat Cat Day“ soll uns daran erinnern, dass es nicht nur um Monetäres geht, sondern um Werte, Fairness und die Zukunft unserer Arbeitswelt. Die Kluft zwischen Vorstand und Belegschaft wird nicht von selbst kleiner werden – es braucht klare Regeln, um Exzesse zu begrenzen und das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen.

Es geht nicht um Neid, es geht um Verteilungsgerechtigkeit. Und die ist längst überfällig!

Simone Hudelist ist Betriebswirtin in der Arbeiterkammer Wien

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