Die Selbstaufgabe der ÖVP in Sachen Kulturpolitik

Während sich die ÖVP in Sachen Kulturpolitik bei den Regierungsverhandlungen zumindest auf fachlicher Ebene noch einbringen und zahlreiche Punkte im Regierungsprogramm unterbringen konnte, hat sich die politische Ebene der Volkspartei vollkommen vom eigenen Gestaltungswillen im Bereich Kunst und Kultur verabschiedet.
Nicht einmal während der Verhandlungen mit der FPÖ gab es Stimmen des Protests aus der Parteispitze, als die FPÖ die Kunst- und Kulturagenden zu sich holen wollte. Dies ist dem Land zwar erspart geblieben, hat aber die Bedeutungslosigkeit der Kulturpolitik für die ÖVP deutlich demonstriert.
Die endgültige Selbstaufgabe für die Kunst- und Kulturagenden vollzog die politische Spitzenebene der ÖVP aber bei den zuletzt abgeschlossenen Regierungsverhandlungen mit SPÖ und Neos, indem sie mit dem Außenamt gleichzeitig die letzte Bastion bürgerlicher Kulturverantwortung – jene der Auslandskultur – an die Neos abtrat. Nicht einmal der Anspruch auf einen Staatssekretär oder eine Staatssekretärin für den Kulturbereich wurde offenbar gestellt.
Es stellt sich daher die Frage, auf welche Art die ÖVP jene Punkte des Regierungsprogramms im Bereich Kunst- und Kultur sicherstellen will, die ihr offenbar ein Anliegen sind und von ihr dazu eingebracht wurden. Ohne operative Ressortverantwortung, ist die Umsetzung der eigenen Schwerpunkte wohl eher unrealistisch, denn das Papier des Regierungsprogramms ist bekanntlich geduldig.

Florian Mauthe
Kultur und Bildung
Beispielsweise der Anspruch, Kunst und Kultur mehr Platz in der schulischen Ausbildung zu verankern. Diese Pläne erfordern eine enge Abstimmung zwischen Bildungs- und Kulturressort. In beiden Ressorts ist die ÖVP aber nicht mehr vertreten.
Dann wäre da die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung von Kulturschaffenden, einst ein Meilenstein des ehemaligen ÖVP-Staatssekretärs Franz Morak (zwischen 2000 und 2007 im Amt), der mit seiner Politik der Versicherungspflicht und eines Künstler-Sozialversicherungsfonds den Grundstein für eben diese soziale Absicherung gelegt hat. An der nun in Aussicht gestellten zeitgemäßen Weiterentwicklung des einst bürgerlichen Leuchtturmprojekts wird die ÖVP wohl kaum einen Beitrag leisten können. Weder ist sie im Sozial- noch im Kunst- und Kulturministerium politisch vertreten.
Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass all dies auf parlamentarischer Ebene verhandelt werden wird, aber das ist schlichtweg zu wenig, um Kompetenz und Interesse nach außen und an die an die Branche zu demonstrieren. Denn diese wird im Zweifel eher zum „Schmied“ als zum „Schmiedl“ pilgern.
Ernüchternd
Für christlich soziale Bürgerliche ist damit der offensichtliche Niedergang der ÖVP in Sachen Kulturpolitik ernüchternd und auch frustrierend. Früher einmal gehörte die Kultur zum Wertekanon einer bürgerlichen Partei wie der ÖVP. Davon hat sie sich nunmehr auf allen Ebenen verabschiedet, wie die aktuelle Ressortverteilung zeigt.
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