Homeoffice: Wo bleibt der große Wurf?

Georg Konjovic ist CEO von Österreichs größtem Jobportal karriere.at.
Die Homeoffice-Regelung und die Arbeitsrealität; Es braucht verbindliche Lösungen mit Perspektive

Arbeit. Sie ist endlich da – die Regelung zur Arbeit aus dem Homeoffice. Viel zu lange haben wir darauf warten müssen. Dass Österreich vor Deutschland eine Regelung hat, darf übrigens nicht darüber hinwegtäuschen, dass etwa die Niederlande dies schon jahrelang gesetzlich festgemacht haben. Der Maßstab müssen immer die sein, die besser sind.

Es bleiben viele Fragen in jenem Papier unbeantwortet. Gleich vorweg: Das neue Paket bringt Vorteile. Zum einen haben wir endlich eine Regelung, auf die nicht zuletzt seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie gewartet wird. Zum anderen sorgt die schriftliche Homeoffice-Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Einhaltung einer einmonatigen Widerrufsfrist für die nötige Sicherheit auf beiden Seiten. So weit, so gut.

Neue Fragen offen

Gleichzeitig entpuppt sich das Gesetzeswerk aber als Sammlung teils unklarer Regelungen, die neue Fragen aufwerfen. Nun sind die Sozialpartner gefragt, klare Betriebsregelungen zu diesem Konzept für einzelne Branchen auszuarbeiten – so klar wie nötig und flexibel wie möglich.

Konkret sollten die jeweiligen Betriebsvereinbarungen zum Homeoffice genug Raum bieten, um diese mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern individuell abzustimmen. Das betrifft alle wichtigen Aspekte wie das technische Setup für die Arbeit von zu Hause, die Arbeitszeit oder die Verfügbarkeit im Homeoffice. Auch die Frage der Unfallversicherung muss rasch einen konkreten rechtlichen Rahmen bekommen. Ein weiterer, ebenso unklarer Punkt sind die Zuschüsse für Internet und Handy sowie für Strom und Heizung.

Fakt ist, Homeoffice erfreut sich steigender Beliebtheit. Laut Umfragen befürworten weit mehr als 90 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Konzept auch für die Zeit nach der Krise. Auf den Karriereportalen wird mittlerweile immer öfter nach Stelleninseraten gesucht, die Fachkräfte mit einer Homeoffice-Möglichkeit locken. Spätestens jetzt muss das ein klares Signal sein, die ortsunabhängige Arbeit langfristig gesetzlich zu regeln.

Die vorliegende Homeoffice-Regelung kann dabei nur ein Anfang sein – ein großer Wurf ist sie keinesfalls, eher eine Notgeburt. Denn es fehlt eindeutig an Verbindlichkeit und Perspektive – sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer. Die moderne Arbeitswelt in Zeiten von Clouds und Industrie 4.0 ist längst viel mehr als nur das Homeoffice. Anstatt also Regelungen, die die Zukunft der Arbeit bereits jetzt maßgeblich prägen, in der Notlage zu verabschieden, braucht es viel mehr Mut, die Zukunftstrends in der Arbeitswelt rechtzeitig zu erkennen. Und das wird auch dem Wirtschaftsstandort Österreich guttun.

Georg Konjovic ist CEO von Österreichs größtem Jobportal karriere.at.

Kommentare