"Herdprämie" wäre ein massiver Rückschritt

Kommen mit den FPÖ-Plänen für Familien demnächst überkommene Rollenbilder zurück?
Was die FPÖ offensichtlich plant, kann nicht der Anspruch einer modernen Gesellschaft sein. Ein Gastkommentar von Korinna Schumann.

Familienpolitik, die Frauen zurück an den Herd drängt und sie wirtschaftlich abhängig macht, kann nicht der Anspruch an eine moderne Gesellschaft sein. Doch genau das droht mit einer „Herdprämie“, die Frauen ermutigen soll, zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben, anstatt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Was auf den ersten Blick wie eine Erleichterung für die Frauen und eine Wertschätzung erscheint, entpuppt sich in Wahrheit als ein massiver Rückschritt.

"Herdprämie" wäre ein massiver Rückschritt

Korinna Schumann

Frauen brauchen echte Wahlfreiheit – und die gibt es nur, wenn ausreichend Kinderbetreuungsplätze vorhanden sind. Bis 2030 sollen laut EU 45 Prozent der Kinder unter drei Jahren Zugang zu frühkindlicher Betreuung haben. Davon ist Österreich – vor allem am Land – jedoch weit entfernt. Das hinterlassene Budgetloch der Vorgängerregierung könnte nun anstatt dem dringend notwendigen Ausbau der Kinderbetreuung über den billigen Ausweg „Herdprämie“ führen. Also eine Pseudo-Alternative, die nichts anderes bedeutet als die Einzementierung veralteter Rollenbilder. Frauen, die sich aufgrund mangelnder Betreuung gezwungen sehen, zu Hause zu bleiben, verlieren nicht nur ihr Einkommen, sondern auch ihre finanzielle Unabhängigkeit. Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt ist nach längerer Auszeit immer schwieriger, was zu einer größeren Abhängigkeit vom Partner und letztlich zu geringerer Pension führt. Ganz abgesehen davon, verschärft eine „Herdprämie“ den von der Wirtschaft oft zitierten Fachkräftemangel und auch die vielfach geforderte Integration von Frauen und Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache wird dadurch erschwert.

Moderne Familienpolitik muss die Weichen für die Zukunft stellen. Es muss uns wichtig sein, dass alle, die arbeiten wollen, auch arbeiten können. Es braucht dazu eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und zwar für beide Elternteile – zudem einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Geburtstag. Nur so haben Eltern die Möglichkeit, sich frei zu entscheiden, ob und wie viel sie arbeiten möchten. Das ist der Schlüssel zur Selbstbestimmung – und zu echter Vereinbarkeit, die – wenn die Rahmenbedingungen stimmen – absolut möglich ist. Statt alter Rollenbilder brauchen wir neue Perspektiven. Hochwertige Kinderbildung sind keine Kosten, sondern Investitionen in die Zukunft. Sie fördern nicht nur die Erwerbstätigkeit von Frauen, sondern auch die frühkindliche Bildung und damit die Chancen der nächsten Generation.

Es ist Zeit, die richtigen Schritte zu setzen – für eine moderne Familienpolitik, die Frauen und Männern gleiche Chancen bietet. Eine Politik, die Frauen stärkt, statt sie in traditionelle Muster zu drängen. Denn nur eine Gesellschaft, die Chancengleichheit und echte Wahlfreiheit ermöglicht, kann von einer starken Zukunft sprechen.

Korinna Schumann ist ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende

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