Frische Chefin, alte Denkmuster

Pamela Rendi-Wagner ist ein Gewinn für die SPÖ. Aber inhaltlich fehlt der Partei die Zukunftsvision.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Beginnen wir mit dem Positiven: Pamela Rendi-Wagner ist ein erfrischender Neuzugang in Österreichs Innenpolitik, sie ist schwungvoll, abwechslungsreich in ihrer Rhetorik, eine Person aus Fleisch und Blut.

Mit ihrem gewinnenden Stil versetzte Rendi-Wagner den SPÖ-Parteitag im Handumdrehen in Stimmung. Mit 98 Prozent Unterstützung zeigt die SPÖ, es ist ihr bewusst, was sie der neuen Vorsitzenden verdankt – gerade auch der Tatsache, dass Rendi-Wagner in der hundertdreißigjährigen Geschichte die erste Frau an der Parteispitze ist. So konnten die Delegierten am Samstag in Wels wenigstens einen historischen Moment feiern.

Darüber hinaus haben sie zur Zeit ohnehin nicht viel Grund zur Freude. Kanzleramt weg. Regierungsbeteiligung weg. Von einer Wendestimmung weit und breit keine Spur, die türkis-blaue Bundesregierung ist ja auch erst elf Monate im Amt. Es kann schon noch einige Jährchen dauern, bis Pamela Rendi-Wagner ihr Parteitags-Versprechen einlöst, Österreichs erste Bundeskanzlerin zu werden. Falls es je dazu kommt. Denn die Frage wird sein, ob die SPÖ bis dahin genügend Geduld aufbringt, oder ob sich politische Rückschläge nicht eher in Obfrau-Debatten entladen werden.

Ehrenvolle Opposition

Klar, eine große Partei muss sich das Kanzleramt zum Ziel setzen. Vorerst aber kann die SPÖ froh sein, wenn sie in ihre Oppositionsrolle endlich hinein findet – und das ist durchaus wohlwollend gemeint.

Oppositionsarbeit wird hierzulande oft als wenig nutzbringend abgetan. Das ist ein Fehler. Ohne Opposition funktioniert keine Demokratie. Rede und Gegenrede, parlamentarische Kontrolle, das Aufzeigen politischer Alternativen sind wesentliche Aufgaben für unser politisches System. Eine Partei, auch eine große, kann sich durchaus einmal zum Ziel setzen, eine gute Oppositionspartei zu sein. Das ist ehrenvoll.

Inhaltlich vermittelt die SPÖ ohnehin den Eindruck, als würde sie noch Zeit brauchen, um in der Zukunft anzukommen. Auch gestern in Wels wieder: Wie auf allen Parteitagen der letzten zehn, fünfzehn Jahre beschworen die Redner hauptsächlich die Vergangenheit . Verteidigen. Verhindern. Abwehren. Selten finden sich Vokabel wie Aufbruch, Fortschritt, Zuversicht in den Wortmeldungen. Rendi-Wagner beschrieb die 1970er-Jahre als eine glücklichere Zeit. Das ist vierzig Jahre her.

Im Hier und Jetzt erleben wir unfassbar spannende globale Entwicklungen. Für eine Partei des Fortschritts und des Internationalismus wären Fair trade, Afrikahilfe, Klimaschutz, globale Arbeitnehmerrechte aufgelegte Themen. Doch die SPÖ macht einen Bogen drum herum und setzt Veränderung lieber mit Bedrohung gleich (gestern sprach nur Kern die Zukunftsthemen an).

Anstatt sich wie bisher auf die Modernisierungsverlierer zu konzentrieren, könnte die SPÖ Politik für Modernisierungsgewinner machen, rät der Politologe Anton Pelinka. Aber als Bauvolk der kommenden Welt fühlt sich die SPÖ schon lange nicht mehr.daniela.kittner

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