„Die Hoffnung darf nicht verstummen.“ (Harvey Milk, 1930-1978) Und was, wenn sie es doch tut?
Nicht einzig, weil US-Präsident Donald Trump ein nach Milk – dem ersten offen schwulen US-Politiker – benanntes US-Marineschiff umbenennen lässt. Und nicht nur, weil er das gerade jetzt, im Juni, kundtut, in dem die LGBTQ+-Bewegung weltweit den Pride Month begeht, um damit ein Zeichen gegen Diversität zu setzen.
Und nicht einzig, weil sein nunmehriger Gegenspieler, Elon Musk, sich mit Trump der Bekämpfung des „Woke Mind Virus“ verschrieben hat, sondern weil gerade Milks Zeit auch an ein anderes Virus erinnert. An HIV, das seinen „Schrecken“ verloren zu haben scheint, seit es therapierbar ist.
Denn: Erinnern Sie sich noch an den Tod des Schauspielers Rock Hudson 1985?
An das Freddie Mercury Tribute Concert 1992 im Wembley Stadion in London?
An die weltweite Benetton-Werbung im selben Jahr von Oliviero Toscani, die den an Aids erkrankten US-Fotografen David Kirby zeigt? An den Aufschrei, der folgte?
An die Aufmerksamkeit, die anhielt – auch dank Filmen wie „Philadelphia“, der Tom Hanks seinen ersten Oscar brachte? Und auch kraft des Life Ball, der bis 2019 einmal im Jahr das Scheinwerferlicht weit über Österreichs Grenzen hinaus auf die mit HIV-Infizierten und an Aids Erkrankten warf? Das Event, das um Bewusstseinsbildung, Enttabuisierung wie Entstigmatisierung von Betroffenen und für Safer Sex warb?
Die Zeiten sind vorbei.
Die Angst vor möglicher Ansteckung scheint verblasst zu sein, seit das Virus nicht mehr unweigerlich todbringend ist.
Doch HIV ist immer noch da. Und weit mehr als das: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) wie HIV, Syphilis, Gonorrhoe, Chlamydien und Hepatitis sind weltweit im Kommen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht von weltweit täglich einer Million Neuinfektionen aus. Die Angst ist kleiner geworden wie Zahlen darlegen und hat der Unachtsamkeit Platz gemacht, wie Daten aus Österreich belegen.
In Österreich stiegen die Infektionszahlen zuletzt (2024) auf 454 HIV-Neudiagnosen.
Daten zu den anderen STIs gibt es nicht, da diese in Österreich keiner oder nur einer eingeschränkten Meldepflicht unterliegen. Dass es abseits der Datenlage an Aufklärung, Aufmerksamkeit und eben Achtsamkeit sehr vieler – unabhängig des Alters und jedweder sexuellen Orientierung – mangelt, verdeutlichen gegenwärtig Initiativen.
Die Österreichischen Hochschülerschaft bietet mit der Aids Hilfe Österreich Studierenden kostenlose Selbstabstrich-Tests für Chlamydien und Tripper sowie Syphilis-Tests an.
SPÖ-Gesundheitsministerin Korinna Schumann wird die Safer Sex-Kampagne ihres Amtsvorgängers, Johannes Rauch von den Grünen, fortsetzen. Traurige Aktualität erlangt die Angst vor Ansteckungen durch die steigende Zahl an Fällen, in denen K.o.-Tropfen eingesetzt werden, um vornehmlich Frauen wehrlos zu machen – sich an ihnen zu vergehen.
Die Parlamentsfraktionen fordern deshalb eine umfassende Informationsoffensive zum Schutz vor K.o.-Tropfen.
Die Hoffnung, dass wir als Gesellschaft, keiner Aufmerksamkeitskampagnen, bedürfen, sondern aufmerksam, achtsam und wachsam sind, darf nicht verstummen.
Sie möge lauter werden. Nein: Sie muss.
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