Die Herbeikickler

Die Herbeikickler
Regierung, Krieg, EU – Erfüllungsgehilfen im Boulevard rühren alles in einen Topf und erklären das „Jahr der Abrechnung“.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Das neue Jahr ist noch nicht alt, aber eine alte mediale und parteipolitische Plattitüde hat sich problemlos herübergerettet. Und wird noch aufgeregter gedroschen als bisher schon, weil im Herbst wird ja gewählt: Wie, um alles in der Welt, ist ein Kanzler namens Herbert Kickl zu verhindern?

ÖVP und SPÖ überbieten einander in ihrem „Nein“ zu einer Koalition mit den Freiheitlichen respektive mit der Kickl-FPÖ (und verdächtigen den jeweils anderen, so eine Koalition in Wahrheit ohne Genierer eingehen zu wollen). Anstatt dass sie sich ernsthaft mit den Ursachen für den Wiederaufstieg der Rechtspopulisten befassen. Eine – die rapide Umwandlung unserer Gesellschaft durch eine Zuwanderung weit über das Maß hinaus, das Europa schultern kann – ist täglich draußen vor den Türen zu beobachten. Die anderen Ursachen – das Schüren von Neid, Ressentiments und Hass – sind schwieriger zu bekämpfen.

Zumal Herbert Kickl da willige Erfüllungsgehilfen im bunten Boulevard hat: Querdenkende Diplomingenieure und andere selbst ernannte Gesellschaftskassandras schreiben Wochenend’ für Wochenend’ einen FPÖ-Kanzler herbei, indem sie die Regierung (unfähig), die Inflation (horrend), die Klimakleber (gestört), den Ukraine-Krieg (unnötig), Konkurse und Korruption (überall) und die EU-Kommissionspräsidentin (überfordert) in einen Topf werfen, mit „Steuermillionen für den globalen Süden“ und einem den Hals nicht vollkriegenden Ex-Kanzler würzen und umrühren: Fertig ist „nach drei miserablen Jahren“ das „Jahr der Abrechnung“, das es nun geschlagen hat.

Die Boulevard-Schlagzeilen haben unterdessen (wieder einmal) die Politikergehälter/-ferien/-privilegien im Visier, Managerbezüge sowieso – und Herbert Kickl darf sich zurücklehnen: Die Stimmen der sich solcherart bestätigt fühlenden Österreicher braucht er nur noch abzuholen.

Dass auch im neuen Jahr die Supermärkte und Einkaufszentren knallvoll sind; dass die Tourismusgebiete Rekordzuwächse feiern und jetzt schon kaum noch Flüge für Sommer- und Herbst(!)ferien zu bekommen sind; dass das Land mit Zig-Milliarden-Boni und -Zuschüssen durch Corona- und Energiekrisen gefüttert wurde; dass sich die Österreicher kürzlich in einer Eurostat-Erhebung trotz der „miserablen Jahre“ zu den glücklichsten Europäern kürten; dass das Land nicht nur nach sozialen und nach Sicherheitsstandards, sondern nach allen wirtschaftlichen Parametern zu den allerbesten Europas und der Welt zählt – ja, geschenkt. Was kümmert das Schwarzmaler und Ungemach-Herbeikickler?

In was für einer Welt die leben? In einer zu guten offenbar, in der es billig wäre, einen Kranken totzuschreiben/-rufen – Spaß macht erst, einen Gesunden umzubringen. Und zu schauen, was dann passiert.

Die Herbeikickler

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