Denkzettel wegen Corona-Wut? Covid-19 bleibt Wahlkampfthema

Denkzettel wegen Corona-Wut? Covid-19 bleibt Wahlkampfthema
Wenn die Regierung bei der Aufarbeitung der Corona-Wut nicht schnell einige Gänge zulegt, droht am Wahlsonntag ein Denkzettel-Ergebnis.
Christian Böhmer

Christian Böhmer

Können Sie sich erinnern, was am 19. November 2021 passiert ist? Nein? Herbert Kickl weiß es noch ganz genau. Für den Parteichef der FPÖ markiert das Datum einen „Tag der Schande“, wie er am Wochenende erklärte.

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An diesem Tag haben Vertreter der Bundesregierung am Achensee angekündigt, es werde einen Lockdown für Ungeimpfte sowie eine Impfpflicht geben. Es war eine Zäsur in der Corona-Politik einer Koalition, die monatelang versichert hat, man müsse über vieles reden – aber keinesfalls über eine gesetzliche Impfpflicht.

Seit der erinnerungswürdigen Pressekonferenz am Achensee ist vieles anders und verblasst. Alexander Schallenberg ist nicht mehr Bundeskanzler, der damalige Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein ordiniert wieder in seiner Gruppen-Praxis. Und dank neuer Impfstoffe, Medikamente und milderer Mutationsvarianten hat Covid-19 viel von seinem anfänglichen Schrecken eingebüßt.

Doch für die FPÖ und ihre Sympathisanten ist der 19. November 2021 alles andere als erledigt, im Gegenteil: Bei der seit Wochen laufenden „Heimat-Herbst“-Tour der FPÖ ist Corona präsenter als viele andere Themen.

Die FPÖ will die Nationalratswahl zu einer „Stunde null“ machen, bei der die „Zeugen Coronas“ bzw. „Volksverräter“ (© FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz) dafür bestraft werden, was sie der Bevölkerung mit den Schutzmaßnahmen „angetan haben“.

Man könnte sarkastisch einwenden: Lasst sie doch! Lasst die FPÖ einfach mit ihrer rückwärtsgewandten Wut allein!

Doch so simpel ist die Sache nicht. Meinungsforscher und Umfragen bestätigen einhellig, was mit Händen zu greifen ist: Auch zwei Jahre nach dem Achensee ist nicht nur Herbert Kickl zornig. Auch ein erklecklicher Teil der Bevölkerung ist zumindest nachhaltig gekränkt.

Im Mai hat die ÖVP reagiert – aber das eher halbherzig. Nach der spektakulär daneben gegangenen Niederösterreich-Wahl wurde in der Bundesregierung ein „Versöhnungsprozess“ angestoßen.

Ein halbes Jahr später ist von diesem Projekt nicht viel mehr bekannt, als dass sich die Akademie der Wissenschaften wissenschaftlich darum kümmert – unter anderem mit 360, statistisch korrekt ausgewählten Menschen, mit denen man „Bürgerdialoge“ führt.

Man muss kein Polit-Fuchs oder großer Experte sein, um zu wissen: Das wird am Ende nicht reichen.

Und im Hinblick auf das anstehende Wahljahr lässt sich sagen: Wenn die Regierung und vor allem die Kanzler-Partei bei der Aufarbeitung der Corona-Wut nicht schnell einige Gänge zulegt, droht ihr am Wahlsonntag ein Denkzettel-Ergebnis. Etwas böser formuliert könnte man sagen: Es droht ein „Tag der Schande“.

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