Die Polizei war mit dem Schutz der gleichzeitig stattfindenden Veranstaltung von Kultusgemeinde und Regierung am Ballhausplatz zum Gedenken der Opfer des Hamas-Terrors beschäftigt. Erst später gelang es, die Demo einzufangen – immerhin gewaltlos. Aber man muss über die friedliche Koexistenz von Religionsgemeinschaften in Österreich besorgt sein.
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Lässt sich ein größer werdender Teil der Gesellschaft von fernen Despoten, radikalen Predigern und Tiktok-Videos fernsteuern? Wird man irgendwann auch hierzulande Mädchen zu nonnenhafter Kleidung verpflichten, Homosexualität verbieten und Juden noch mehr schützen müssen? Der cultural clash war Mittwochabend in der City mehr als sichtbar: Unweit der Demonstranten, die die (noch) Mehrheitsgesellschaft wahrscheinlich als dekadent und sexualisiert verachten, setzt ein provozierendes rosa Kunstwerk – eine Vagina mit Zähnen – einen Kontrapunkt auch zur katholischen Pestsäule am Graben. Wird man so etwas aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle der vielen Muslime künftig noch wagen dürfen?
Die lange geleugnete Parallelgesellschaft existiert. Mit Zureden, noch mehr Sozialhilfe und der Weigerung der Stadt Wien, Asylwerber zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten (obwohl es darüber sogar eine schwarz-rote Einigung gibt), wird das nicht besser. Und es stärkt die FPÖ natürlich weiter. Es wäre übrigens ein gutes Zeichen gewesen, wäre die jüdische Kultusgemeinde über ihren Schatten gesprungen und hätte auch die FPÖ zum Gedenken am Ballhausplatz eingeladen. Als Zeichen der Einigkeit über Gräben hinweg, wenn es um etwas geht. In Israel haben die tief zerstrittenen Parteien in dieser Ausnahmesituation sogar eine Einheitsregierung gebildet.
Aber vielleicht sollte man sich ohnehin weniger mit Kickl & Co. beschäftigen und mehr mit den Ursachen, warum Parteien an den Rändern in ganz Europa Zulauf haben. Für die Sicherung unseres freien Lebensmodells werden am Ende alle demokratisch gewählten Kräfte im Land gebraucht. Wegschauen und schönreden hilft nicht weiter.
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