Wenn die Bürger "Brandmauern" einreißen

US-POLITICS-TRUMP
Rabiat-Politiker wie Trump fallen nicht vom Himmel, sondern haben Erfolg, weil man Mitte-Parteien nicht mehr die Lösung akuter Probleme zutraut.
Martina Salomon

Martina Salomon

Die Welt blickt gebannt auf Alaska und Donald Trump. Wie konnte bloß so ein Politikertypus an die Spitze einer Weltmacht gelangen? Doch Trump sei keineswegs vom Himmel gefallen, davor stand der Wählerwunsch nach einer neuen Politik, etwa in Sachen illegaler Migration, so Henry Olsen, Polit-Experte an einer republikanischen Denkfabrik in Washington, der im Juli beim „Salzburg Summit“ referierte. Machen wir uns nichts vor, in Europa ist das nicht anders. So ist sich die politmediale Elite in Deutschland einig in der „Brandmauer“ gegenüber der rechtsrabiaten AfD. Das Ergebnis? In der aktuellen Sonntagsfrage liegt nun die AfD mit 26 Prozent klar vor der Union. Und in Frankreich? Auch dort führt Marine Le Pen haushoch in den Umfragen. Die Bürger reißen solche Brandmauern ein. Weil sie das Gefühl haben, dass es in manchen Dingen eine radikale Umkehr braucht.

Und natürlich verstehen die Menschen die Welt nicht mehr, wenn zum Beispiel der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sogar die Abschiebung eines kriminellen Syrers aus Österreich blockiert – eh erst der zweite in vielen Jahren. Solche höchstgerichtlichen Entscheidungen haben den Brexit und den Aufstieg der Rechten in ganz Europa gefördert. Und man blickt mit Neid auf Dänemark, das sich nicht an die EU-Asylgesetzgebung halten muss, weil es vor vielen Jahren eine „Opt out“-Klausel mit der EU vereinbart hat. Das einst liberale Einwanderungsland ist unter sozialdemokratischer Führung zu einer restriktiven Linie übergegangen – und kann damit den Vormarsch Rechter in Schach halten.

Auch bei anderen Themen beschleicht die Österreicher das diffuse Gefühl, dass etwas falsch läuft: etwa bei der Hilflosigkeit der Ämter gegenüber arbeitsunwilligen Menschen oder bei allerlei links-grüner „Wokeness“. Wenn die etablierte Politik nicht mehr imstande ist, Probleme zu lösen, statt nur zu zerreden, marschieren eben rechte Populisten voran. Manchmal geht das sogar gut, wie in Italien bei der erstaunlich moderat und dennoch selbstbewusst regierenden Meloni, die sogar Trump Respekt einflößt.

Bei ihm schaut man allerdings zumindest als Europäer doch einigermaßen fassungslos zu, wie er seine „Deals“ mit Drohungen und Brutalität durchzupeitschen versucht. Am Ende seiner Amtszeit wird es ein anderes Amerika sein – aber in manchen Bereichen vielleicht genauso, wie es schon Obama versprochen hat: ein Amerika, das mächtiger und wirtschaftlich stärker ist, das sich vorrangig um die eigenen Angelegenheiten kümmert. Ob das gelingt? Sicher ist es nicht. Dämonisieren allein ersetzt aber nicht Politik – weder in den USA, noch in Europa. Sorgen einer großen Mehrheit der Bevölkerung müssen von der „Mitte“ ernst genommen werden – andernfalls wird diese zerrieben.

Martina Salomon

KURIER-Herausgeberin Martina Salomon

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