Es ist nun einmal ein traditionelles Gebot des politischen Respekts in den USA. Wenn der Amtsinhaber im Weißen Haus erneut aufzeigt und weitere vier Jahre anhängen will, treten alle möglichen Mitbewerber zur Seite – von ein paar Eigenbrötlern einmal abgesehen.
Joe Biden hat jetzt – wie lange erwartet – offiziell aufgezeigt, und schon sein erster Wahlkampf-Spot macht deutlich, worum es dem inzwischen 80-Jährigen geht. Gleich zum Auftakt stürmen da zu düsterer Musik die von Trump aufgehetzten Demonstranten das Kapitol in Washington. Biden stilisiert sich also von Anfang an als der Retter der US-Demokratie, welcher Trump als der Inbegriff des Bösen an den Kragen will.
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Selten war das politische Spielfeld eines US-Wahlkampfes von Anfang an so scharf abgesteckt – und damit so ernüchternd ohne jede Perspektive. Der US-Präsident scheint überzeugt, dass er der Einzige ist, der die Trump’sche Gefahr abwenden kann, noch bevor klar ist, ob der überhaupt zum Zug kommt.
Trump hat allen Grund, sich zu bedanken. Mit der nun offiziellen Ankündigung hat Biden dem New Yorker Milliardär die Schienen zur Kandidatur gelegt. Denn Trump, der sich ja beim Hantieren mit Feindbildern immer schon besonders geschickt angestellt hat, hat jetzt mit Joe Biden genau jenes bekommen, auf das sich seine Wahlkampf-Artillerie ohnehin schon eingeschossen hat: der senile alte Mann, der mit ungeschützten Grenzen, der Verschleuderung von Steuergeldern und obendrein einem korrupten Sohn die US-Demokratie in eine Art sozialistische Diktatur verwandelt.
Je näher die Wahl 2024 rückt, desto lauter werden also diese beiden Herren ihre schon jetzt bis zum Überdruss bekannten Argumente dreschen. Billiges Futter für die Medien, die daraus ohne große Mühe Schlagzeilen schnitzen werden. Auch in den beiden Social-Media-Blasen, in denen sich die Anhänger beider Seiten ohnehin schon eingesperrt haben, lässt sich die Wut so perfekt auf großer Flamme kochen.
In diesem ebenso pompösen wie platten Drama werden andere Haltungen oder gar neue politische Ideen konsequent übertönt werden. Sollte sich also doch noch ein Republikaner daran machen, Trump den Rang abzulaufen, bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als den noch trumpigeren Trump zu geben. Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, versucht sich gerade etwas tollpatschig in dieser Rolle. Selbst wenn es also nicht die Neuauflage des Duells von 2020 wird,wird das an den zu erwartenden politischen Leerformeln nichts ändern – und an der tiefen Spaltung der USA und ihrer Gesellschaft auch nicht. Die älteste Demokratie der Welt, die ohnehin an ihren eingerosteten Ritualen leidet, droht noch mehr zu dem Spektakel zu werden, dem sich viele Bürger bestenfalls noch zur Unterhaltung widmen.
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