An den Herrn Bundespräsidenten

An den Herrn Bundespräsidenten
Was Alexander Van der Bellen mit Herbert Kickl gemacht hat, beschäftigt die Bevölkerung. Es sollte auch die Präsidentschaftskanzlei beschäftigen
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Es hat schon Gewicht, was ein Bundespräsident sagt oder macht. Wenn er sich zu politischen Entwicklungen äußert, wenn er sich mit Statements an die Öffentlichkeit wendet, dann wird noch genauer hingehört. Das aktuellste Beispiel: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA begründet den Kronzeugenstatus für Ex-Generalsekretär Thomas Schmid unter anderem mit Worten von Alexander Van der Bellen. Dieser hatte im Oktober 2022 bei der Veröffentlichung von Korruptionsvorwürfen von einem „massiven Schaden“ für die Demokratie und von einer notwendigen „Generalsanierung“ gesprochen.

Jetzt wirkt das schon ein wenig kurios und hinterfragenswert, wenn eine Staatsanwaltschaft so ein Statement für eine juristisch so wichtige Entscheidung heranzieht. Es zeigt aber auf der anderen Seite, welches Gewicht solchen Worten des Bundespräsidenten beigemessen wird.

Viel deutlicher wird das derzeit bei der breit gestreuten Diskussion, wie die Präsidentschaftskanzlei nach der Nationalratswahl mit FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl umgegangen ist. Dass ihm als Wahlsieger vom Bundespräsidenten kein Auftrag zur Bildung einer Regierung erteilt worden ist, findet in der Bevölkerung wenig Verständnis. Das unterstreicht auch die aktuelle OGM-Umfrage für den KURIER, wonach es eine klare Mehrheit für falsch hält, dass Alexander Van der Bellen diesmal entgegen den Usancen den Wahlsieger ohne Auftrag links bzw. rechts liegen hat lassen. Herbert Kickl  nicht einmal die Möglichkeit gegeben hat, zu zeigen, ob er das schafft oder ob er scheitert. Das sind nicht nur FPÖ-Wähler, die sich darüber ärgern.  

Besonders emotional hat das ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler nach der steirischen Landtagswahl formuliert, als er seine Niederlage auch dem Bundespräsidenten widmete.  Jetzt ist  die Hofburg sicherlich nicht an diesem Absturz der ÖVP und dem Höhenflug der FPÖ schuld. Komplett wegwischen kann man das Argument dennoch nicht. Ähnliche Kritik – nur nicht so laut – war übrigens 2023  in St. Pölten zu hören, als wenige Tage vor der Landtagswahl Alexander Van der Bellen in einem ORF-Interview bereits andeutete, dass er einen Herbert Kickl nicht angeloben würde. Das hat auch damals der FPÖ nicht geschadet, im Gegenteil.

Für Alexander Van der Bellen ist es die letzte Amtszeit, er hat nichts mehr zu verlieren. Die Präsidentschaftskanzlei sollte sich dennoch damit beschäftigen, wie seine  Rolle derzeit in der Öffentlichkeit gesehen wird. Da reicht es nicht, die Angriffe aus Graz damit zu beantworten, dass man „keine Landeswahlen kommentiert“. Das  wirkt zu abgehoben. Gerade in politisch so unsicheren Zeiten, in denen die Worte des Präsidenten eigentlich   als Anker benötigt werden.

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