Tag des "zivilen Ungehorsams" in Serbien: Juristen, Schulen, Theater streiken

In Serbien sind die Menschen am Freitag zu einem Generalstreik aufgerufen gewesen. Die seit zwei Monaten protestierenden Studenten sprachen vom ersten "Tag des zivilen Ungehorsams".
Das regierungsnahe Boulevardblatt Informer berichtete in der Früh jedoch, dass der Generalstreik gescheitert sei.
Präsident Vučić besucht derweil sein Lieblingsbauprojekt
Auf der Titelseite des Blattes erschien ein Kommentar des Präsidenten Aleksandar Vučić: "Serbien arbeitet, Serbien baut". Der Präsident hatte schon in den frühen Morgenstunden eine Baustelle im Belgrader Vorort Surčin besucht. Auf diesem Gelände soll 2027 die EXPO abgehalten werden. Sie ist inzwischen zu seinem Lieblingsbauprojekt geworden.
Ganz anders sieht die Titelseite der Tageszeitung Danas aus, die am Freitag mit großer Aufschrift "Generalstreik" und dem Symbol der Studentenproteste, einer blutigen Hand, versehen ist.
Juristen, Schulen und Theater streiken
Serbische Anwälte haben unterdessen ihren Streik um weitere drei Tage verlängert. Gut zwei Dutzend Richter des Belgrader Obersten Gerichts haben mit einer Aussendung zum ersten Mal die Studentenproteste öffentlich unterstützt, ebenso die Ärzte einer Belgrader Kinderklinik.
In etlichen Volks- und Mittelschulen fiel der Unterricht am Freitag aus. Aus dem Bildungsministerium wurde beteuert, dass der Unterricht in 97 Prozent der Schulen normal abgehalten werde. Belgrader Theater haben sich dem Protest angeschlossen, indem sie ihre Vorstellungen am Freitag abgesagt haben.
Gymnasiasten in der Hauptstadt haben ihre Protestaktion in "Unterrichtsstunde in der Natur" getauft. Sie wollen nämlich ihren Protest durch eine 45-minütige Blockade eines stark frequentierten Kreisverkehrs in Neu-Belgrad Ausdruck verleihen.
Vučić versammelt seine Anhänger
Präsident Vučić will dagegen seine Anhänger am Nachmittag im zentralserbischen Jagodina versammeln. Er werde seine "neue Bewegung für den Staat" präsentieren, die "neue Bewegung und Energie" auf die politische Landschaft bringen werde, kündigte "Informer" an.
Wie bereits in der Vergangenheit, gibt es auch dieses Mal Berichte, wonach etliche Menschen nur nach Druckausübung oder Geldversprechen dazu zu bewegen waren, zur Kundgebung nach Jagodina zu reisen. Wie schon bei früheren Gelegenheiten wurden Teilnehmer auch dieses Mal mutmaßlich unter Sozialhilfeempfängern, Arbeitnehmern mit unsicheren Arbeitsverträgen und Pensionisten rekrutiert. Auch Beschäftigte in verschiedenen, von den Regierungsparteien dominierten Kommunalverwaltungen gehören in der Regel dazu.
Unterdessen scheinen die Studentenforderungen weiterhin weit fern von einer Erfüllung zu sein. Sie hatten etwa die Veröffentlichung der gesamten Dokumentation und die Renovierung des Bahnhofgebäudes in Novi Sad gefordert. Der Einsturz des Bahnhofvordaches am 1. November, als 15 Personen ums Leben gekommen waren, lieferte den Anlass für die aktuellen Proteste. "Wir sehen uns am 27. Jänner", ließen protestierende Studenten unterdessen auf ihrer Website: zahtevinisuispunjeni.rs (Anm. Forderungen sind nicht erfüllt) wissen.
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