Slowenischer Rundfunk soll von politischer Einflussnahme befreit werden

SLOVENIA-EU-PRESIDENCY
Führungswechsel: Der vierköpfige Vorstand der krisengeschüttelten öffentlich-rechtlichen Anstalt ist komplett.

Beim slowenischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTV Slovenija (RTVS) wurde der lang erwartete Führungswechsel vollzogen, mit dem die Anstalt von politischer Einflussnahme befreit werden soll. Der neue vierköpfige Vorstand hat sich vollständig konstituiert und seine Arbeit aufgenommen, nachdem am Mittwoch der Arbeitsdirektor bestellt wurde.

Der Sportjournalist Franci Pavšer wurde von der Belegschaft im zweiten Wahlgang zum Arbeitsdirektor gewählt, wie der Rundfunk mitteilte. Im Vorstand schloss er sich als Mitglied den Vorsitzenden Zvezdan Martič sowie den anderen beiden Mitgliedern, Simon Kardum und Andrej Trček, an.

Ex-Premier Janez Janša hat immer noch starken Einfluss

Der Amtsantritt des neuen Vorstands gilt als der letzte Schritt, um den Rundfunk vom parteipolitischen Einfluss zu befreien. Unter der ehemaligen Führung, die während der letzten Regierungszeit vom rechtskonservativen Ex-Premier Janez Janša (2020 bis 2022) bestellt wurde, verschaffte sich seine SDS-Partei einen starken Einfluss im RTVS und behielt ihn trotz verlorenen Parlamentswahlen im April 2022 bei. Die Kritiker sprachen über politische Übernahme der öffentlich-rechtlichen Anstalt.

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Die Vorwürfe der politischen Voreingenommenheit der früheren Leitung spiegelten sich in der Besetzung von Führungsposten mit Personen mit starken Parteiverbindungen, Abschaffung von erfolgreichen politischen Programmen und auch in der täglichen Berichterstattung des Nachrichtenprogramms wider. Ihre Bemühungen, insbesondere den Fernsehsender und das Online-Portal auf Parteilinie zu bringen, führten zu Konflikten mit den Mitarbeitern. Die Belegschaft befand sich im Kampf um institutionelle und redaktionelle Autonomie seit mehr als einem Jahr im Streikmodus. Der Sender verlor dadurch zahlreiche Zuschauer.

Janša-Vetraute sollen gehen

Der neue Vorstandschef will sich um die Normalisierung der Verhältnisse im RTVS bemühen. Für den erwarteten Wechsel der umstrittenen Programm- und Redaktionsleiter, denen politische Befangenheit vorgeworfen wurde, müssen zunächst entsprechende Verfahren durchgeführt werden. Martič kündigte an, demnächst Ausschreibungen für die Posten auszuschreiben. Es wird damit gerechnet, dass unter anderem der TV-Direktor Uroš Urbanija, der unter der Janša-Regierung Chef des Regierungspresseamts war, sowie die TV-Chefredakteurin Jadranka Rebernik ihre Posten loswerden.

Der Prozess der Entpolitisierung des RTVS, zu der sich die neue links-liberale Regierung vom Premier Robert Golob verpflichtet hat, zog sich über ein Jahr hinaus. Im Juli 2022 wurde ein entsprechender Rechtsrahmen geschaffen, um den Einfluss der Politik aus der Anstalt komplett abzuschaffen. Politische und rechtliche Manöver verzögerten jedoch die Umsetzung massiv. Das neue Kontrollgremium, bei dessen Zusammensetzung das Parlament anders als bisher kein Sagen mehr hatte, konnte erst heuer im Juni die Arbeit aufnehmen und die Verfahren zur Bestellung des vierköpfigen Vorstands, der den bisherigen Generaldirektor ersetzt, durchführen.

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