"Bin deine Sklavin, töte mich!": Wie Gewalt an Frauen Balkan-Musik prägt

Lepa Brena, einer der größten ex-jugoslawischen Schlagerstars, in der Rolle der Sklavin, die sich von ihrem Lover dominieren lässt.
Eine Studentin aus Belgrad entblößte anhand einer Analyse von Hits aus vergangenen 30 Jahren die traurige Wahrheit.

"Bevor ich dich um Vergebung anflehe: Zieh mich aus, schlag mich an jeder Stelle, wo eine Träne ist. Bestraf mich wie ein Kind, rette mich so, wie eine Frau gerettet werden soll". Die Anfangsverse eines Hits von Svetlana "Ceca" Ražnatović sollten eigentlich bei einem aufmerksamen Zuhörer kalte Schauer über den Rücken laufen lassen. Denn was der größte Turbofolk-Superstar Balkans da von seinem Lover verlangt, könnte aus der SM-Szene kommen, beim Hörer aber als Verherrlichung von Gewalt gegen Frauen verstanden werden. 

Die Witwe des Kriegsverbrechers Željko "Arkan" Ražnatović, mit dem sie bis zu seiner Ermordung im Jahr 2000 ein Traumpaar á la Angelina Jolie und Brad Pitt bildete, ist bei weitem nicht die einzige Balkan-Sängerin, die von ihrem Liebsten Ähnliches verlangt. "Lepa Brena", seit Jahren eine der "Königinnen" der am Balkan sehr beliebten Volksmusik, sang schon 1989: "Ich bin deine Sklavin, töte mich! Ich bin deine Sklavin, ich liebe dich!" Von Seka Aleksić, einer anderen populären Sängerin hörte man wiederum Folgendes: "Schlag mich so hart, dass es wehtut! Vielleicht liebten wir uns nicht immer so sehr. Morgen wird's besser sein, glaub mir". In dieselbe Kerbe schlug auch ihre Kollegin Tanja Savić, die sich in ihrem Hit "Zu meinem eigenen Wohl" ("Za moje dobro") Ähnliches wünscht: "Zu meinem eigenen Wohl, trete mich. Lass nicht zu, dass mich das Leben verwöhnt!"

Viral gegangene Prüfungsarbeit

Verwöhnt werden die Frauen in Balkan-Liedern eher selten. Ganz im Gegensatz. Das ist etwas, was Ana Ninković bereits seit Jahren ein Anliegen ist. Die Professorin der serbischen Sprache und Literatur, die nun auch ein Masterstudium an der Fakultät für Dramakünste in Belgrad besucht, beschäftigt sich mit feministischen Themen. Im Rahmen ihres Studiums hat sie im Fach "Pop-Kultur" eine Prüfung ablegen und sich im Zuge dessen entscheiden müssen zwischen einer Seminararbeit und einem multimedialen Projekt. Geworden ist das Zweite. Zum Glück. 

Entstanden ist nämlich ein Video, das innerhalb kurzer Zeit zu einem YouTube-Hit in dem ex-jugoslawischen Raum avancierte. "Das Video war eigentlich gar nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Ich lud es auf YouTube hoch, um es dem Professor und den Leuten in meiner Umgebung zeigen zu können", verrät Ana Ninković im KURIER-Gespräch mit einem Schmunzeln. "Ich postete das Video auch auf meinem Facebook-Profil. Bald fragte mich jemand, ob ich das für die Öffentlichkeit zugänglich machen könnte. Ich tat es, weil ich das Thema so wichtig finde. Irgendwie kam das Video einer Influencerin unter und dann ging der ganze Wahnsinn los", wundert sich die 25-Jährige immer noch darüber, wie ihre Prüfungsarbeit viral wurde. Doch, was ist das eigentlich, was bisher 220.000 YouTube-Nutzer in 11:42 Minuten zu sehen bekamen und schließlich in ihren Blasen sharen mussten? 

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