Über die Berge, über die Grenzen

Über die Berge, über die Grenzen
Der Alpe-Adria-Trail führt nicht nur vom Großglockner bis Triest, sondern auf einem seiner interessantesten Abschnitte auch durch das Dreiländereck zwischen Österreich, Slowenien und Italien.
Über die Berge, über die Grenzen

Na bumm! Das ist ein ordentlich großes Schild, das sich dem Wanderer plötzlich in den Weg stellt. Gerade eine Stunde ist man vom Faaker See auf einem stillen, schmalen Waldpfad unterwegs, als man auf diesem Schild – und zwar nur auf Slowenisch – darauf aufmerksam gemacht wird, dass hier Waldarbeiten stattfinden und man sich gefälligst in Acht nehmen soll. Hat man das übersetzt und einen Blick auf die Karte geworfen, ist klar: Man hat soeben eine Staatsgrenze überquert. Wenig überraschend ist der slowenische Wald dem Kärntner Wald täuschend ähnlich. Trotzdem stellen sich einem alle paar Meter Grenzsteine in den Weg: die einen mit dem Kürzel „OE“, die anderen mit „RS“, ganz so, als ob sich da eine  übereifrige Vermessungsbehörde richtig ausgetobt hätte.

Man tänzelt also haarscharf entlang der Grenze durch die zunehmend steilen Kalkfelsen bergauf. Auf einem der dortigen Gipfel rund um die 2.000 Höhenmeter angekommen, stellt man fest, dass die erstens alle einen deutschen und einen slowenischen Namen haben und das man zweitens auf der einen Seite auf die Kärntner Seen – und auf der anderen tief in Sloweniens Julische Alpen blickt. 
 

Über die Berge, über die Grenzen

Bergpanorama hüben wie drüben, würden das viele achselzuckend abtun. Was habe das schon zu bedeuten, dass die Bergpfade auf diesem Abschnitt des Alpe-Adria-Trails durch das Dreiländereck Österreich-Slowenien-Italien und somit ständig über eine Grenze führen. Es hat sehr viel zu bedeuten. Genau das ist die Erfahrung, die man macht, wenn man sich zu Fuß nicht nur über die Berge, sondern auch in die dazugehörigen Täler begibt. 

Drüben in Slowenien baut sich vor den Alpe-Adria-Wanderern ein Ort auf, den man als Österreicher meist nur von Weltcup-Übertragungen aus dem Fernsehen kennt: Kranjska Gora. Ein paar Stunden zu Fuß und über die Berge, und schon ist man in einer anderen alpinen Welt. Das wird schon beim Spaziergang durch das mondäne Skidorf klar. Der Rustikalkitsch, in den man in Österreich die Hotels so gerne packt, fehlt. Hier wuchtet man den Beton ohne Holzbalkone in die Landschaft, legt Plätze, Spielcasinos und Appartementanlagen moderner und pompöser an. 

 

Über die Berge, über die Grenzen

Kranjska Gora bringt die Stimmung der kroatischen Adria und die lärmende Fröhlichkeit der italienischen in die Berge. Dass in den Gastgärten und bei den Buffetständen Cevapcici und Ähnliches gegrillt werden, was das Zeug hält, passt perfekt in die etwas andere Ferienstimmung. Gäste aus Österreich werden  nur vereinzelt gesichtet. Früher, erzählt ein Kellner, seien die zum Spielen ins Casino und zum Tanken gekommen, aber der Tourismus ist lange vorbei. Also gewöhnt man sich schnell an kroatisches Bier, den Sliwowitz aufs Haus zum Nachtisch und daran, auf Englisch nach dem Weg zu fragen. Der führt am nächsten Tag über die nächste Grenze – nach Italien: Ordentlich ausgeschildert, in drei Sprachen und mit der Europafahne im Hintergrund. 
 

Über die Berge, über die Grenzen

Auf stillen Waldwegen führt der Weg in Richtung Slowenien.

Hätte es nicht gebraucht, die Formalitäten. Der Espresso-Test beweist ohnehin lückenlos, ob man es schon in die italienische Kulturlandschaft geschafft hat. Man hat: Schon am Ufer des Lago Fusine gibt es einen erstklassigen Macchiato. Dass die Kellnerin den in saloppem Bibione-Italienisch vorgetragenen Wunsch nach einem Orangensaft gespritzt mit einer Dose Sanpellegrino Aranciata löst, hat so viel Urlaubsflair, dass man sich über das Missverständnis gar nicht ärgern kann.
 

Picknickausflug auf Italienisch

Einen oberen und einen unteren Lago Fusine gibt es – und was sie an einem Sommertag gemeinsam haben, ist nicht nur tiefgrünes Wasser und einsame Buchten im Wald, sondern auch jede Menge italienische Ferienatmosphäre. Während wir Österreicher uns einem Bergsee grundsätzlich in Bergschuhen nähern, mit dem pflichtbewussten Vorhaben, vor dem Baden zunächst den nächsten Gipfel zu besteigen, parkt man in Italien das Auto so nahe wie möglich am Wasser, holt Decke und Picknickkorb aus dem Kofferraum und lässt sich für den Rest des Tages mit reichlich Jause nieder.

Alles Klischees, mögen jetzt viele einwenden, aber als Rüstzeug für so eine Sommerwanderung über drei Grenzen hinweg dürfen die einmal sein. Und wenn man schon bei den Klischees ist, dann darf man sich auch abends in Tarvis auf die Suche nach einer italienischen, genauer, einer friulianischen Osteria machen.

Schließlich ist ja Tarvis der Eingang ins Friaul und zu seinen Bergdörfer. In dem Städtchen, das immer noch recht schwer an seiner Vergangenheit als Grenzstadt und Einkaufsziel für österreichische Schnäppchenjäger zu leiden hat, wächst eine spannende kulinarische Landschaft mit kleinen Osterien und Trattorien heran. Die liegen ein bisschen abseits der Durchfahrtsstraße von der Grenze, die immer noch von einem Markt für billige Textilien beherrscht wird. Man macht sich also zu Fuß auf den Weg durch die Gassen, die immer hübscher werden, je weiter man den Durchzugsverkehr hinter sich lässt. Dort lässt sich eine regionale Küche entdecken, die man dem Tarvis für den schnellen Grenzverkehr gar nicht zugetraut hätte. Und weil der Ort auch ein guter Ausgangspunkt für Bergabenteuer in den Dolomiten ist, lohnt es sich durchaus, nicht immer nur durchzufahren.

Dass der Zug von hier kaum eine halbe Stunde nach Villach braucht, überrascht. Ist nicht Italien viel weiter weg, Slowenien erst? Wenn man den Weg über die Berge nimmt, kommt man eben auch zu Fuß in ... naja, zumindest ein bisschen fremde Länder. 

Klimafreundliche Anreise

Wer vom Faaker See in die Wanderung im Dreiländereck einsteigen will, nimmt den Zug nach Villach und von dort den Bus nach Faak am See. Von Tarvis kommt man mit dem Zug zurück nach Wien.

Kulinarik

Die Albergo Valle Verde ist ein solides Mittelklassehotel am Rande von Tarvis. Wirklich bemerkenswert aber ist die Küche. Zum Abendessen wird hier in familiärer Atmosphäre regionale Küche auf Haubenniveau geboten, die bei jedem Gang überrascht. In Tarvis gibt es inzwischen mehrere Geheimtipps für Genießer, etwa die neue übernommene Osteria Hladik. hotelvalleverde.com

Unterkunft

Der Gasthof Baumgartnerhof  in Altfinkenstein bietet nicht nur einen wunderbaren Blick über den Faaker See und eine Küche mit Kärntner Spezialitäten, sondern auch den Einstieg in den Alpe- Adria-Trail vor der Tür. baumgartnerhof.at


 

Kommentare