Neusiedler See: See als Beilage
Rauf auf das Rad und ab in den Urlaub: Von Wien aus gibt es einige Ziele, die man an einem Tag locker erreichen kann. Die Wachau etwa, oder das Weinviertel. Unsere Gruppe – bestehend aus zwei Pärchen Mitte fünfzig, die gern gut Essen gehen – hat diesmal den Neusiedler See als Ziel für kulinarische Genüsse gewählt.
Bis wir uns an den gedeckten Tisch setzen können, müssen wir aber gut siebzig Kilometer strampeln: Der Weg führt vom Schwedenplatz über die Donauinsel durch die Lobau nach Orth/Donau, wo wir mit der Radfähre an das andere Ufer nach Haslau übersetzen. Vorbei an Dutzenden Windrädern und über einige Schotterwege erreichen wir am Nachmittag unser erstes Ziel.
Am Abend haben wir einen Tisch in der Blauen Gans in Weiden am See reserviert – das Traditionshaus kennt hier jeder. Die subtil verfeinerte pannonische Küche mit fast ausschließlich regionalen Zutaten war ein feiner Auftakt des Genussurlaubs. Die ganz feinen Adressen wie den Taubenkobel oder das Gut Purbach lassen wir diesmal aus. Wir wollen es weniger nobel.
Der zweite Tag führt uns ins idyllische Rust, von wo aus wir gemütlich mit der Fähre nach Podersdorf gelangen. Der Leuchtturm und die vielen Kitesurfer springen uns schon von Weitem ins Auge. Den Tag lassen wir in Gols ausklingen – Weinkennern ist der Ort seit Langem ein Begriff. Auch beim Heimlichwirt, den wir ansteuern, hat der Wein seinen großen Auftritt, was wenig verwundert: Wirt Peter Heimlich Müller war nach Stationen in Deutschland drei Jahre Sommelier im Taubenkobel. „Von allen Köchen habe ich mir einiges abgeschaut und manches dann dazu gedichtet“, verrät Müller. „Ich habe den Köchen viele dumme, kluge und auch kuriose Fragen gestellt, so wie ich es auch bei den Winzern immer mache.“
Mittlerweile steht er selbst am Herd: „Als Sommelier musste ich das Menü immer in- und auswendig kennen und den passenden Wein dazu aussuchen. Jetzt mache ich es genau andersherum und kreiere zum Wein ein Menü“, erzählt er. Der Wein bleibt bei Peter H. Müller also der Star, wobei er nicht nur österreichische Tropfen im Keller lagert. Mindestens genauso wichtig wie der Wein sind ihm seine Lieferanten und Gäste, „denen ich auf Augenhöhe begegnen will“.
Von allem eine Kostprobe
Deshalb ist es beim Heimlichwirt wohl so heimelig und gemütlich. „Den Knigge darf man bei uns an der Garderobe abgeben“, lautet Müllers Credo. Das Wichtigste sind ihm die Menschen, die das Miteinander genießen sollen. Dazu animiert auch die Speisekarte, die ausdrücklich zum „Teilen und Verweilen“ einlädt: Zwei Personen teilen sich ein sechsgängiges Menü – schließlich ist jedes Gericht eine Kostprobe wert.
Auf Überflüssiges wie Tischdecken wird verzichtet, das Besteck nimmt jeder selbst aus einer Tasse auf dem Tisch. Großen Wert legt der Gastronom allerdings auf schöne Gläser und Teller, die eigens in einer slowakischen Töpferei produziert wurden: „Wein und Speisen sollen ihre Bühne bekommen“, betont der Heimlichwirt. Dass die Produkte von hoher Qualität sind, versteht sich von selbst – Gemüse behandelt er mit demselben Respekt wie Fleisch. Wer hier Zucchini gekostet hat, weiß, wovon der Wirt spricht.
Die Kalorien werden am nächsten Tag heruntergeradelt. Über die gut ausgeschilderte Strecke fahren wir Richtung Hainburg. Nach einem lohnenden Stopp in Bad Deutsch-Altenburg geht’s auf die Donaubrücke, die ob ihrer Höhe durchaus ein mulmiges Gefühl auslösen kann. Ab da geht es entspannt mit Blick auf die Au zurück nach Wien.
Vorbereitung: 30 min
Zubereitung: 15 min
Portionen: 4
Zutaten:
- 4 Bio-Kohlrabi
- 2 x 200 g milder Schafskäse In ein Zentimeter dicke Scheiben geschnitten
- 2 Bio-Äpfel
- 1 Handvoll Leinsamen geröstet
- Apfel- und Reisessig (idealerweise Mirin), Leinöl Sauerklee oder andere frische Kräuter
Zubereitung:
- Kohlrabi schälen und stifteln – ungefähr auf die Größe von Wachsmalkreiden. Peter H. Müller nimmt zur Hälfte frischen Kohlrabi, zur Hälfte 18 Tage in fünf Prozent Salzlake fermentierten. Stattdessen kann man aber auch die Hälfte der Kohlrabistifte nur einsalzen und eine halbe Stunde ziehen lassen.
- Danach das Wasser abgießen, Kohlrabi mit je zwei Teelöffeln körnigem Senf und Honig sowie weißem Pfeffer würzen.
- In der Zwischenzeit Äpfel in Stücke – so groß wie Reißnagelköpfe – schneiden und in Apfelessig einlegen.
- Zu je gleichen Teilen Leinöl und Mirin mischen. Statt Mirin kann man auch Reisessig mit etwas weißem Rohrzucker abschmecken. Mit Salz und Pfeffer würzen.
- Zuerst Pfanne, danach Rapsöl darin erhitzen.
- Rohe Kohlrabistifte rundum anbraten – ohne Angst vor Farbe und Röstaromen.
- Zu guter Letzt salzen. Währenddessen fermentierte Kohlrabi zu je sieben Stiften auf vier Tellern anrichten.
- Vier Scheiben Schafkäse und zwei Esslöffel der abgetropften Essig-Äpfel darüber geben.
- Je sieben Stifte der gebratenen Kohlrabistifte ebenso auf den vier Tellern verteilen, geröstete Leinsamen darüberstreuen und mit Sauerklee oder anderen Kräutern garnieren. Mit etwas Vinaigrette verfeinern.
Radfähre
Sie verkehrt ständig zwischen Orth/D. und Haslau. Kosten: Erwachsene 5 €, Kinder 4 €, Fahrrad 1 €. Rundfahrten von Schwedenplatz nach Orth ab 400 € für 5 Personen. faehre-orth.at
Blaue Gans
Seepark, Weiden am See,
Mo.–Mi. Ruhetag. 6-Gang- Menü 96 €, 5-Gang-Veggie- Menü 64 €, zurblauengans.at
Heimlichwirt
Neustiftgasse 3, Gols, So., Mo. Ruhetag. Hauptspeisen ab ca. 17 €. Das 6-Gang-Menü, das man sich teilen kann, kommt auf ca. 114 €. Weinbegleitung möglich. heimlichwirt.com
Übernachtung
Das Boutique-Hotel Domizil direkt neben dem Heimlichwirt – Frühstück mit heimischen Produkten. Adresse: Untere Hauptstraße 5, Gols. domizil-gols.at
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